Dieser Beitrag enthält Auszüge aus den Beiträgen Herrmann/Aschenbeck, BB 2023, 1985, sowie Herrmann/Aschenbeck, BB 2023, 2881 (auch bei beck-online kostenpflichtig abrufbar).
Fällt der Begriff „Krypto“, denkt man nicht in erster Linie an Fonds. Mittlerweile können zwar Anteilsscheine an Sondervermögen auch als Kryptofondsanteile ausgegeben werden. Außerdem dürfen sowohl Spezial- als auch Publikums-AIF (in Grenzen) in Kryptowerte investieren. Geht es allerdings nicht um Krypto-bezogene Investitionen, sondern um Dienstleistungen mit Krypto-Bezug, hat man i.d.R. eher Finanz- / Wertpapierdienstleistungsunternehmen als Kapitalverwaltungsgesellschaften („KVGen“) im Kopf.
Mit der Verordnung (EU) 2023/1114 (Markets in Crypto-Assets Regulation – „MiCAR“), die seit dem 30. Dezember 2024 vollständig gilt und als eigenständiges und umfassendes Regelungsregime neben die bisherigen, das Kapitalmarktrecht dominierenden Europäischen Vorschriften getreten ist, wurde u.a. eine eigene Erlaubnispflicht für Kryptowerte-Dienstleistungen geschaffen.
Die MiCAR sieht allerdings auch Erleichterungen bei der grundsätzlichen Erlaubnispflicht vor – u.a. für KVGen. Mit dem im Entwurf vorliegenden Fondsmarktstärkungsgesetz, das vor allem die überarbeiteten Richtlinien 2011/61/EU und 2009/65/EG in nationales Recht umsetzen soll („FoMaStG“), reagiert der deutsche Gesetzgeber mit einer neuen zulässigen Nebendienstleistung für externe KVGen: Unter gewissen Umständen dürfen diese zukünftig auch Kryptowerte-Dienstleistungen i.S.d. MiCAR erbringen, ohne dafür ein MiCAR-Erlaubnisverfahren durchlaufen zu müssen. Unabhängig von der Zusammensetzung einer neuen Bundesregierung dürfte das FoMaStG aufgrund der Umsetzungsfrist kurzfristig umgesetzt werden.
Kryptowerte-Dienstleistungen i.S.d. MiCAR müssen sich auf Kryptowerte i.S.d. MiCAR beziehen.
Der Begriff des Kryptowerts dient im Rahmen der MiCAR als sachlicher Anknüpfungspunkt für die regulierten Tätigkeiten und den damit einhergehenden aufsichtsrechtlichen Pflichten. Ein Kryptowert i.S.d. MiCAR ist eine “digitale Darstellung eines Werts oder eines Rechts, der bzw. das unter Verwendung der Distributed-Ledger-Technologie oder einer ähnlichen Technologie elektronisch übertragen und gespeichert werden kann”. Um der großen Vielfalt an Ausgestaltungsmöglichkeiten von Kryptowerten und den jeweils speziell damit einhergehenden Risiken gerecht zu werden, hebt die MiCAR drei besondere Ausgestaltungsmöglichkeiten hervor:
Der speziellste Kryptowert ist der E-Geld-Token. Nur Kryptowerte, die keine E-Geld-Token sind, können vermögenswertereferenzierte Token sein. Ein Token, der weder E-Geld-Token noch vermögenswertereferenzierter Token ist, kann – wenn er ausschließlich dazu bestimmt ist, Zugang zu einer von seinem Emittenten bereitgestellten Ware oder Dienstleistung zu verschaffen – ein Utility-Token sein. Erfüllt der Token auch dieses Merkmal nicht, aber die allgemeinen Merkmale eines Kryptowertes i.S.d. MiCAR, ist der Anwendungsbereich der MiCAR dennoch eröffnet.
Die MiCAR unterscheidet folgende Kryptowerte-Dienstleistungen:
Die Erbringung der von der MiCAR erfassten Kryptowerte-Dienstleistungen löst grundsätzlich eine Erlaubnispflicht aus. Die Erlaubnis ist bei der zuständigen Behörde des jeweiligen Herkunftsmitgliedstaates zu beantragen und muss u. a. Angaben über das antragstellende Unternehmen, dessen Geschäftsorganisation, Inhaber qualifizierter Beteiligungen, den konkreten Geschäftsplan, einschließlich einer detaillierten Beschreibung des beabsichtigten Geschäftsmodells und der beabsichtigten Dienstleistungen sowie Informationen über die fachliche Eignung der Geschäftsleitung enthalten.
Darüber hinaus müssen Antragsteller vor allem beschreiben und nachweisen, wie die Anforderungen der MiCAR an die Erbringung der jeweiligen Dienstleistung eingehalten werden. Dabei unterscheidet MiCAR zwischen allgemeinen Pflichten für sämtliche Dienstleister und besonderen Pflichten für einzelne Dienstleistungen.
Unter bestimmten Voraussetzungen benötigt ein potenzieller Anbieter von Kryptowerte-Dienstleistungen keine oder nur für bestimmte Kryptowerte-Dienstleistungen eine MiCAR-Erlaubnis. Soweit keine MiCAR-Erlaubnis benötigt wird, aber eine Kryptowerte-Dienstleistung angeboten werden soll, ist lediglich ein Notifizierungsverfahren gegenüber der Aufsichtsbehörde des Herkunftsmitgliedstaates (“Herkunftsstaatsbehörde”) zu durchlaufen.
Zu den privilegierungsfähigen Anbietern zählen u.a. KVGen.
Die MiCAR sieht eine mögliche Erlaubnisbefreiung für KVGen vor, sofern die zu erbringenden Dienstleistungen als gleichwertig eingestuft werden:
Voraussetzung für die Erlaubnisbefreiung ist allerdings, dass die jeweilige KVG die Nebendienstleistungen, die das MiCAR-Pendant bilden, auch erbringen darf. Das heißt, dass sich die Erlaubnis der KVG auch auf diese Nebendienstleistungen erstrecken muss. Das ist konsequent: Die MiCAR knüpft daran an, dass die Unternehmen, denen eine Erlaubnisbefreiung zugutekommen soll, über eine entsprechende Erlaubnis nach der MiFID II bzw. der OGAW- bzw. AIFM-Richtlinie verfügen.
Dementsprechend sieht das FoMaStG eine Erweiterung der zulässigen Nebendienstleistungen (externer) KVG um die Erbringung von Kryptowerte-Dienstleistungen vor.
Für KVGen, die über keine Erlaubnis verfügen, sondern lediglich registriert sind (De Minimis KVGen), kommt eine Erlaubnisbefreiung allerdings nicht in Betracht, da sie keine Nebendienstleistungen erbringen dürfen.
Greift die Privilegierung, genügt es, die Herkunftsstaatsbehörde mindestens 40 Tage vor der geplanten Erbringung der Kryptowerte-Dienstleistung(en) über diese Absicht zu unterrichten und ihr u.a. folgende Informationen und Unterlagen zu übermitteln:
Bei Vollständigkeit der übermittelten Informationen und Unterlagen – wann dies der Fall ist, entscheidet die Herkunftsstaatsbehörde – kann der Anbieter frühestens nach 40 Tagen nach der Notifizierung mit der Erbringung der Kryptowerte-Dienstleistungen beginnen.
Informationen und Unterlagen, die der Herkunftsstaatsbehörde bereits – aufgrund eines bei dieser durchlaufenden Erlaubnisverfahrens – vorliegen, müssen nicht erneut vorgelegt werden.
Die im FoMaStG vorgesehene Regelung ist klarstellender Natur, denn die mögliche Privilegierung u.a. von KVGen im Falle des Erbringens von Kryptowerte-Dienstleistungen sehen die ab dem 30. Dezember 2024 unmittelbar geltenden Regelungen der MiCAR bereits vor.
Die Möglichkeit, anstelle eines – weiteren – aufwendigen Erlaubnisverfahrens lediglich ein Notifizierungsverfahren durchzuführen, schafft einen Anreiz für KVGen, die im Krypto-Bereich aktiv(er) werden möchten. Solche KVGen können ihre Ressourcen stärker auf ihre Geschäftserschließung und -entwicklung konzentrieren, anstatt erneut ein Erlaubnisverfahren durchlaufen zu müssen.
Insgesamt stellt die Privilegierung einen wesentlichen Schritt zur Förderung der Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit von KVGen dar, ohne dabei die notwendige Aufsicht und Regulierung zu vernachlässigen.
Registrierte KVGen mit Ambitionen für Kryptowerte-Dienstleistungen müssen hingegen ein MiCAR-Erlaubnisverfahren durchlaufen. Je nach weiteren (Expansions-)Vorhaben solcher KVGen ist durchaus der Gedanke angebracht, ob nicht zunächst ein „Upgrade“ auf eine Vollerlaubnis erfolgt und dann bei einem Notifizierungsverfahren im Wesentlichen auf die bei der BaFin eingereichten Unterlagen des noch warmen KVG-Erlaubnisantrages verwiesen wird.