Finfluencer im Fokus der BaFin – Studie liefert spannende Erkenntnisse


Die Zahl der Aktiensparer hat sich von 2019 bis 2022 um rund ein Drittel von gut neun auf zwölf Millionen erhöht. Vor allem unter jungen Menschen ist der Anstieg dabei besonders stark. Dementsprechend steigt auch der Bedarf an geeigneten Finanzinformationen.
Eine aktuelle Umfrage der BaFin zeigt, dass sich Erwachsene zwischen 18 und 45 Jahren immer häufiger in sozialen Medien über Finanzthemen informieren. Dies spiegelt sich auch in der Anlagepraxis wider. Wer sich mehr über Social Media informiert, streut seine Investments insgesamt breiter und investiert beispielsweise vermehrt in Wertpapiere und Kryptowerte.

Unterschiede zwischen Generation Y und Generation Z

Die Umfrage der BaFin differenziert im Bereich der Erwachsenen zwischen 18 und 45 Jahren zwischen Generation Y (Geburtsjahre 1981-1996) und Generation Z (Geburtsjahre 1997-2012) und beschreibt durchaus Unterschiede zwischen den beiden Generationen. Dies zeigt sich bspw. in Bezug auf die Anlagepräfenzen: Während die Generation Y eher in Anlageklassen wie Tagesgeld und Festgeld investiert, hat die Generation Z eine stärkere Vorliebe für Kryptoinvestments und Edelmetalle. Signifikate Unterschiede sind abseits der deutlich höheren Tagesgeldinvestitionen der Generation Y allerdings nicht festzustellen.

Gerade im Bereich Krypto sind jedoch deutliche Entwicklungen zu erkennen: Eine Studie der OECD aus dem Jahr 2022, welche in Zusammenarbeit mit der BaFin entstand, ergab, dass lediglich fünf Prozent der Erwachsenen zwischen 18 und 79 Jahren in Kryptowerte investieren, wohingegen die Anzahl bei den 18–45-Jährigen (Generation Y und Z) bereits in 2022 bei 10 Prozent lag. Die aktuelle BaFin-Umfrage weist für die Altersgruppe von 18–45-Jährigen nun einen Wert von 32 Prozent aus. Es ist also ein deutlicher Anstieg zu beobachten.

Einfluss von Social Media auf Investitionen

In Bezug auf Social Media sind hierbei interessante Zusammenhänge zu verzeichnen. So gaben 43 Prozent der Befragten, die Social-Media nutzen, an, in den letzten beiden Jahren in Krypto investiert zu haben. Bei den Befragten, die Social Media nicht nutzen, liegt die Quote hingegen nur bei 25 Prozent.

Von den 1.000 Befragten zwischen 18 und 45 Jahren, welche in den letzten beiden Jahren Geld angelegt haben, bewerteten mehr als die Hälfte soziale Medien als verlässliche Informationsquelle für Finanzthemen. Eine entscheidende Rolle kommt dabei sog. Finfluencern zu.

Finfluencer

Finfluencer sind einflussreiche Individuen oder Organisationen, die finanzielle Entscheidungen ihres (überwiegend jungen) Publikums beeinflussen (können und möchten), indem sie Informationen zu Finanzen und Anlagetipps online, über Social-Media Plattformen sowie Blogs und eigene Websites teilen. Sie erfreuen sich einer stetig steigenden Beliebtheit insb. auf den Social-Media Plattformen YouTube und Instagram.

60 Prozent der Befragten sehen Finfluencer dabei gar als Alternative zu professioneller Beratung an.

Gerade für viele junge Anleger spielen Finfluencer eine entscheidende Rolle. Über 50 Prozent der Befragten haben schon einmal Informationen zu Finanzthemen von Finfluencern erhalten.

80 % derjenigen, die sich Anlagetipps von Finfluencern ansehen, erkennen, dass die Finfluencer zu diesen Anlagetipps auch Links zur Verfügung stellen. 57 Prozent dieser Follower kauften die Produkte direkt über diese Links. Die bedeutende Rolle der Finfluencer wird auch mit dieser Abschlussquote untermauert.

Erschreckend ist in diesem Zusammenhang, dass lediglich 12 Prozent angaben, einen Anlagetipp eines Finfluencers noch nicht in die Tat umgesetzt zu haben. Diese Zahl verdeutlicht einmal mehr die Reichweite von und das Ausmaß der Einwirkung auf Follower durch Finfluencer.

Die Tatsache, dass bei der Nutzung der Links für die Finfluencer Provisionen anfallen, ist den Followern dabei überraschenderweise gar nicht bewusst, obwohl 90 Prozent der Follower bekannt ist, dass Finfluencer Anlagetipps in Bezug auf Aktien oder Kryptowerte geben. 37 Prozent der Befragten war nicht bekannt, dass Finfluencer für ihre Empfehlungen regelmäßig eine Vergütung erhalten. Von denen, welche direkt über den Link gekauft haben, lag dieser Wert immerhin noch bei 15 Prozent. Viele der Befragten wünschen sich dabei mehr Schutz vor unseriösen Angeboten.

In diesem Kontext hat die HHL Leipzig Graduate School of Management 373 Finfluencer selbst befragt, wobei weniger als ein Drittel (106) zur Auskunft bereit waren. Die Resonanz ihrer Angebote variierte dabei stark von über einer Million bis weniger als 10.000 Aufrufen monatlich. 15 Prozent erzielen jährliche Einnahmen von über EUR 100.000, 26 Prozent hingegen so gut wie gar keine Einnahmen. Als wichtigstes Ziel neben der Wissensvermittlung gaben 82 Prozent den Aufbau einer eigenen Marke an.

Das Thema „Schwarze Schafe“ ist auch hier durchaus präsent. So wollen 72 Prozent der befragten Finfluencer einen Kodex zur Selbstkontrolle etablieren. Eine strengere Regulierung oder gar Erlaubnispflichten in Bezug auf die Bewerbung riskanterer Finanzprodukte lehnt die Mehrheit ab.

Finfluencer – ein wachsender Trend mit rechtlichen Herausforderungen

Aktuell sind Finfluencer aus aufsichtsrechtlicher Sicht i.d.R. nicht ausdrücklich reguliert. Offenlegungspflichten bzgl. Einkünften oder einzelnen Provisionen bestehen bisher im Digitale Dienste Gesetz und im Gesetz zum unlauteren Wettbewerb.

Die BaFin beobachtet die Entwicklungen genau. Die Grenze der Aufklärung in Finanzthemen zur erlaubnispflichtigen Tätigkeit kann überschritten werden. Dies hätte nicht nur finanzielle (Bußgelder), sondern auch strafrechtliche Konsequenzen zur Folge. Außerdem droht u. U eine Anordnung der Rückabwicklung aller abgeschlossenen Geschäfte.

Im Einzelfall können die Tätigkeiten der Finfluencer erlaubnispflichtige Anlageberatung oder Anlagevermittlung nach dem Wertpapierinstitutsgesetz („WpIG“) darstellen.

Anlageberatung

Anlageberatung setzt voraus, dass einem Anleger eine persönliche Empfehlung in Bezug auf ein konkretes Finanzinstrument unter Berücksichtigung der persönlichen Umstände des Anlegers abgegeben oder als für ihn geeignet dargestellt wird und nicht ausschließlich über Informationsverbreitungskanäle oder für die Öffentlichkeit bekannt gegeben wird.

Soweit lediglich über z.B. Instagram, Youtube, TikTok oder Twitter, allgemeine an die gesamte Community gerichtete Vorschläge geäußert werden, sind diese idR unbedenklich und unterliegen keiner Erlaubnispflicht.

Es gibt jedoch Formate, in denen ein Follower dem Finfluencer die finanzielle Situation darlegt und der Finfluencer dann darauf basierend (live) eine konkrete Empfehlung ausspricht. Im Einzelfall könnte jedoch die die Grenze der Anlageberatung überschritten werden, wenn eine hinreichende Individualisierung der Empfehlung in Bezug auf einen Follower vorliegt und der Follower vernünftigerweise davon ausgehen darf, dass die Empfehlung auf die eigenen persönlichen Umstände zugeschnitten ist.

Sofern der Finfluencer seine Empfehlungen basierend auf den persönlichen Informationen darüber hinaus auch noch dem einzelnen Follower per Mail oder im privaten Chat ausspricht, dürfte wohl die Grenze der Anlageberatung erst recht überschritten werden.

Anlagevermittlung

Anlagevermittlung ist die Vermittlung von Geschäften über die Anschaffung und die Veräußerung von Finanzinstrumenten.

Aufsichtsrechtlich unbedenklich ist es, wenn der Finfluencer einen Link auf seinen Social Media Kanälen verbreitet, der auf Anbieter von Finanzinstrumenten bzw. deren Websites verweist. Hierin dürfte lediglich eine bloße Kontaktherstellung liegen, die nicht auf einen konkreten Geschäftsabschluss gerichtet ist. Finfluencer müssen jedoch klar kennzeichnen, wenn sie für Empfehlungen bezahlt werden, um irreführende Werbung zu vermeiden.

Sofern Finfluencer jedoch Finanzinstrumente auf ihren Plattformen bewerben und die Vergütung sich nach dem konkreten Geschäft zwischen Anleger und Anbieter richtet, könnte die Grenze überschritten sein und erlaubnispflichtige Anlagevermittlung betrieben werden, da der Finfluencer ein Interesse daran haben dürfte, dass der Follower dieses Finanzinstrument erwirbt. Sollten zudem Finfluencer tatsächlich Erklärungen von Followern weiterleiten, die auf den Erwerb von z.B. Aktien oder Fonds gerichtet sind, dürfte auch aus diesem Grunde die Grenze der Anlagevermittlung überschritten werden und eine Erlaubnispflicht begründen.

Beratung zu Kryptowerten

Im Kryptobereich sind die Inhalte häufig aufklärerischer Natur. Zum Teil werden jedoch auch eigene Ansichten und Vorstellungen vom aktuellen Markt – bis hin zu Vorschlägen zum Investment in konkrete Kryptowerte – gegeben. Auch hier könnte die Grenze zur Anlageberatung überschritten werden, wenn in einem bestimmten (Live-)Format sowohl die Empfehlung individualisiert als auch der Adressatenkreis konkretisiert wird.

Darüber hinaus gibt es zahlreiche Krypto-Trader, die ihre Handelsaktivitäten teilweise live durchführen, aktiv auf ihren Social Media Kanälen teilen und dazu ihre Bewertungen abgeben. Hierbei werden die genutzten Handelsplattformen ebenfalls oft prominent in Szene gesetzt. Sofern in diesem Zusammenhang personalisierte Empfehlungen zu Kryptowerten zur Nutzung von Kryptowerte-Dienstleistungen wie z.B. Kryptohandelsplattformen abgegeben werden, kann eine Beratung zu Kryptowerten im Sinne der MiCAR vorliegen.

Marktmissbrauchsverordnung („MAR“)

Auch wenn keine Erlaubnispflicht besteht, können Finfluencer bestimmten Pflichten unterliegen, wenn ihre Tätigkeiten über allgemeine Aufklärung hinausgehen.

Die Grenze wird überschritten, wenn Finfluencer Anlagestrategieempfehlung ( Art. 3 Abs. 1 Nr. 34 MAR) oder Anlageempfehlungen (Art. 3 Abs. 1 Nr. 35 MAR) abgeben.

Anlagestrategieempfehlung ist ein Vorschlag zu einer bestimmte Anlageentscheidung zu einem Finanzinstrument.

Anlageempfehlungen sind Empfehlungen oder Vorschläge zu Anlagestrategie(n) in Bezug auf ein oder mehrere Finanzinstrumente oder Emittenten, die für Verbreitungskanäle oder die Öffentlichkeit vorgesehen sind, einschließlich einer Beurteilung des aktuellen oder künftigen Wertes oder Kurses solcher Instrumente.

Die Art der Verbreitung ist dabei irrelevant. Hierzu gehören u.a. Fax oder E-Mails, SMS oder ähnliche Nachrichten-Systeme, Websites, Soziale Netzwerke (z.B. Instagram, Telegram) und Kurznachrichtendienste (z.B. X, Thread).

Mindestanforderungen und Anzeigepflicht

Die Anlage(strategie)empfehlungen müssen objektiv dargestellt und die Interessen oder Interessenkonflikte offengelegt werden.

Werden für journalistische Zwecke oder andere Ausdrucksformen in den Medien Informationen offengelegt oder verbreitet oder Empfehlungen gegeben oder verbreitet, sind bei der Beurteilung dieser Offenlegung und Verbreitung die Regeln der Pressefreiheit und der Freiheit der Meinungsäußerung in anderen Medien sowie der journalistischen Berufs- und Standesregeln zu berücksichtigen. Dieses Privileg gilt auch für Tätigkeiten von Finfluencern. Dabei kommt es nicht darauf an, ob Finfluencer den Beruf des Journalisten ausüben.

Das Privileg greift jedoch dann nicht mehr, wenn aufgrund der Weitergabe oder Verbreitung von Informationen Vorteile oder Gewinne erwachsen oder die Absicht besteht, den Markt in Bezug auf das Angebot von Finanzinstrumenten, die Nachfrage danach oder ihren Kurs in die Irre zu führen.

Personen, die im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeiten Anlagestrategieempfehlungen oder Anlageempfehlungen erstellen oder weitergeben, müssen dies gem. § 86 Wertpapierhandelsgesetz der BaFin anzeigen.

Gewerbeordnung (GewO)

In bestimmten Fällen genügt bereits eine Erlaubnis als Finanzanlagenvermittler von der zuständigen Industrie- und Handelskammer gem. § 34f Abs. 1 GewO. Dies hat deutlich geringere Anforderungen als eine Erlaubnis der BaFin gemäß WpIG.

Fazit

Finfluencer können unbeabsichtigt leicht in eine erlaubnispflichtige Tätigkeit hineingeraten. Die Veröffentlichung der BaFin hat gezeigt, dass sie die Tätigkeiten der Finfluencer genau beobachtet.   Finfluencern muss klar sein, dass sie einen großen Einfluss auf junge Menschen und damit auch eine gewisse Verantwortung im sensiblen Bereich der Finanzen haben.

Für mehr Klarheit soll zudem das neue Paket zu Anlageprodukten für Kleinanleger sorgen. Der Rat der Europäischen Union hat am 12. Juni 2024 eine Einigung über die Verschärfung der EU-Vorschriften zum Schutz von Kleinanlegern erzielt. Das Vorhaben soll insbesondere Kleinanleger vor irreführendem Marketing schützen, indem sichergestellt wird, dass Finanzintermediäre die volle Verantwortung für die Nutzung ihrer Marketing-Mitteilungen tragen, einschließlich Marketing über soziale Medien, Prominente oder andere von ihnen vergütete Dritte.