Das Ende von Kleinstemissionen von Vermögensanlagen? Was ist mit Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen? BMF plant Änderung des VermAnlG


Das Bundesministerium der Finanzen („BMF“) hat am 4. Oktober 2024 einen Referentenentwurf für ein Anlegerschutzverbesserungsgesetz („RefE AnlVerG“) veröffentlicht. Der RefE AnlVerG sieht unter anderem eine Änderung des Vermögensanlagengesetzes („VermAnlG“) zu Ausnahmen von der Prospektpflicht bei Kleinstemissionen vor – Ausnahmen, die sich in der Praxis großer Beliebtheit erfreuen.

Worum geht es?

Nach dem VermAnlG muss der Emittent bei einem öffentlichen Angebot von Vermögensanlagen (z.B. Nachrangdarlehen, Genussrechte oder gewissen Unternehmensbeteiligungen) grundsätzlich einen umfangreichen Verkaufsprospekt sowie ein Vermögensanlagen-Informationsblatt („VIB“) erstellen und veröffentlichen. Beide Dokumente werden von der BaFin in einem umfassenden Verfahren geprüft, das oftmals mehrfache Überarbeitungsrunden umfasst. Das VermAnlG sieht jedoch Ausnahmen vor, bei denen die Schutzbedürftigkeit der Anleger als eher gering angesehen wird.

Bisherigen Ausnahmeregelung für Kleinstemissionen

Damit unterscheidet sich die Ausnahme derzeit erheblich von der auf den ersten Blick ähnlichen Ausnahme in Art. 1 Abs. 4 lit. b der Verordnung (EU) 2017/1129 (Wertpapierprospektverordnung – „ProspektVO“): Danach besteht eine Ausnahme von der Prospektpflicht von öffentlichen Angeboten von Wertpapieren bei einem Wertpapierangebot,

„das sich an weniger als 150 natürliche oder juristische Personen pro Mitgliedstaat richtet, bei denen es sich nicht um qualifizierte Anleger handelt“.

Für diese Ausnahme der ProspektVO kommt es entscheidend darauf an, dass weniger als 150 – d.h. maximal 149 – Privatanleger überhaupt angesprochen werden. Ein Emittent, der diese Ausnahme nutzen möchte, muss durch geeignete Maßnahmen (z.B. Einstellung der Angebotsunterlagen in einen passwortgeschützten Website-Bereich) sicherstellen, dass tatsächlich auch nur maximal 149 Privatanleger die Angebotsunterlagen überhaupt zu Gesicht bekommen.

Der RefE AnlVerG sieht eine Anpassung der Ausnahme für Kleinstemissionen sowie die Streichung der Ausnahme von Angeboten an einen begrenzen Personenkreis vor.

Änderung Ausnahme für Kleinstemissionen

Der RefE führt hierzu Gründe der Rechtsklarheit und der Verhinderung von Umgehungen der Ausnahme an.

Streichung der Ausnahme für Angebote an begrenzten Personenkreis

Als Folgeänderung deklariert, sieht der RefE AnlVerG zudem die Streichung einer anderen Ausnahme im VermAnlG vor: Aktuell befreit das VermAnlG von der Prospekt- und VIB-Pflicht auch bei Angeboten gegenüber einem sog. begrenzten Personenkreis (§ 2 Abs. 1 Nr. 6 Var. 1 VermAnlG).

Diese Ausnahme wird von der BaFin deutlich enger interpretiert als in der Praxis oftmals verstanden:

Die Formulierung begrenzter Personenkreis ist qualitativ zu verstehen; die Anzahl der angesprochenen Personen ist nicht ausschlaggebend. Ein Angebot an einen begrenzten Personenkreis liegt aktuell vor, wenn

  • die betreffenden Personen dem Anbieter der Vermögensanlage im Einzelnen persönlich bekannt sind,
  • von dem Anbieter aufgrund einer gezielten Auswahl nach individuellen Gesichtspunkten angesprochen werden und
  • eine Aufklärung durch einen Prospekt im Hinblick auf das Informationsbedürfnis des Anlegers nicht erforderlich ist.

Persönlich ist insoweit wirklich wörtlich zu verstehen. Es bedeutet, dass ein direktes Näheverhältnis zwischen Anbieter und angesprochener Person bestehen muss. Die persönlichen Beziehungen zwischen Anbieter und angesprochener Person müssen über den Charakter eines Massengeschäftes anhand der Auswahl nach rein objektiven Merkmalen deutlich hinausgehen.

Für eine gezielte Ansprache nach individuellen Gesichtspunkten reicht etwa die Zugehörigkeit zu einer Berufsgruppe oder die Höhe des Einkommens der anzusprechenden Personen nicht aus. Vielmehr müssen die gewählten Gesichtspunkte, nach denen die Interessenten angesprochen werden, diese jeweils persönlich betreffen.

Wichtigstes – von der BaFin sehr streng ausgelegtes und selten erfüllbares – Merkmal ist schließlich das Fehlen einer Schutzbedürftigkeit der angesprochenen Person. Erforderlich ist, dass den angesprochenen Personen aufgrund anderweitiger Informationsmöglichkeiten ausreichende Informationen über den Emittenten und die Vermögensanlage vorliegen.

Laut RefE AnlVerG soll durch die Begrenzung eines Angebots auf 20 Anleger gem. § 2 Ab. 1 Nr. 3 lit. a) VermAnlG die Ausnahme für den begrenzten Personenkreis überflüssig geworden sein. Überzeugend scheint diese Argumentation indessen nicht, da bei beiden Ausnahmen jeweils unterschiedliche Maßstäbe (einmal quantitativ, einmal qualitativ) zugrunde liegen. Die Ausnahmen sind in ihrem Anwendungsbereich also keinesfalls deckungsgleich.

Welche Folgen hat der RefE AnlVerG?

Die Änderungen im RefE AnlVerG dürften praktisch eine spürbare Erschwerung von Kleinstemissionen unter dem VermAnlG zur Folge haben. Eine Vermögensanlage darf jetzt nicht mehr nur von maximal 20 Anlegern gezeichnet werden, sondern bereits das vorherige Angebot der Vermögensanlage darf nur gegenüber maximal 20 Anlegern erfolgen. Bei einer derartig geringen Personenzahl, denen eine Vermögensanlage überhaupt nur noch angeboten werden darf, dürfte die „20-Anteile-Ausnahme – dann wohl „20-Anleger-Ausnahme“ – in der Praxis zukünftig mehr oder weniger ins Leere führen.

Auswirkungen auf Mitarbeiterbeteiligungsprogramme?

Eine weitere sehr relevante Ausnahme sieht § 2 Abs. 1 Nr. 6 Var. 2 VermAnlG für Arbeitnehmer („Arbeitnehmerausnahme“) vor. An dieser ändert sich grds. nichts.

Bislang galt diese Arbeitnehmerausnahme als Spezialfall der Ausnahme des begrenzten Personenkreises. Mit der Streichung des begrenzten Personenkreises in § 2 Abs. 1 Nr. 6 VermAnlG, verbleibt die Arbeitnehmerausnahme nunmehr als eigenständige Ausnahmeregelung. Arbeitgeber oder verbundene Unternehmen des Arbeitgebers, die Vermögensanlagen (z.B. Genussrechte) emittieren, können insoweit grds. auch weiterhin von dieser Ausnahme Gebrauch machen.  

Aufgrund des Bruchs der Ampelkoalition und der bereits von Kanzler Scholz angekündigten Vertrauensfrage, bleibt aber natürlich abzuwarten, inwieweit der Entwurf tatsächlich in Gesetz gegossen wird.