Die Verwendung von Kryptowährungen oder Stablecoins als Zahlungsmittel für Transaktionen ist auf dezentralen Marktplätzen (Decentralised Exchanges) obligatorisch. Auf zentral ausgestalteten Marktplätzen werden weiterhin konventionelle Zahlungsmittel wie Euro oder USD für den Erwerb von z.B. DLT-basierten Wertpapieren (Security Token oder Kryptowertpapiere) verwendet. Dies erfordert adie Einbindung entsprechender Intermediäre (z.B. Institute, die üblicherweise Gelder für Kunden auf sog. Guthabenkonten verwahren). Mit Stablecoins bestünde die Möglichkeit, die gesamte Wert-schöpfungskette einschließlich der Bezahlung von Wertpapieren auf einem einzigen System abzubil-den und damit Effizienzsteigerungen und Kostensenkungen im Wertpapierhandel zu ermöglichen.
Durch die MiCAR unterliegen Stablecoins in Europa künftig einer umfassenden Regulierung, die neben die bestehende E-Geld-Regulierung tritt.
Zentrale Voraussetzung für die Anwendbarkeit der MiCAR ist das Vorliegen eines Kryptowerts. Ein „Kryptowert“ ist legaldefiniert als „eine digitale Darstellung eines Werts oder eines Rechts, der bzw. das unter Verwendung der Distributed-Ledger-Technologie oder einer ähnlichen Technologie elekt-ronisch übertragen und gespeichert werden kann“ (Art 3 Abs. 1 Nr. 5 MiCAR). Dabei werden drei Arten von Kryptowerten unterschieden: vermögenswertereferenzierte Token (sog. Asset Referenced Token: ART), E-Geld-Token sowie andere Kryptowerte als die zuvor genannten.
Die verschiedenen Arten von Kryptowerten stehen in einem Ausschließlichkeitsverhältnis, d.h. Stab-lecoins sind entweder E-Geld-Token oder vermögenswertereferenzierte Token oder (theoretisch denkbar) andere Kryptowerte.
Ein E-Geld-Token ist ein Kryptowert, dessen Wertstabilität unter Bezugnahme auf den Wert einer amtlichen Währung gewahrt werden soll (Art. 3 Abs. 1 Nr. 7 MiCAR). In Abgrenzung dazu ist ein ART ein Kryptowert, der kein E-Geld-Token ist und dessen Wertstabilität durch Bezugnahme auf einen anderen Wert oder ein anderes Recht oder eine Kombination davon erfolgt, einschließlich einer oder mehrerer amtlicher Währungen (Art. 3 Abs. 1 Nr. 6 MiCAR).
Stablecoins, die ihre Wertstabilität unter Bezugnahme auf eine einzige amtliche Währung (z.B. Euro oder USD) wahren sollen, sind demnach E-Geld-Token.
Stablecoins, die eine Wertstabilität beispielsweise durch Anknüpfung an Rohstoffe oder einem Mix aus Währungen abbilden, sind als ART zu qualifizieren.
Schon heute können Stablecoins als E-Geld qualifiziert werden. Nach § 1 Abs. 2 Satz 3 ZAG ist E-Geld „jeder elektronisch, darunter auch magnetisch, gespeicherte monetäre Wert in Form einer For-derung an den Emittenten, der gegen Zahlung eines Geldbetrags ausgestellt wird, um damit Zah-lungsvorgänge im Sinne des § 675f Absatz 4 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs durchzuführen, und der auch von anderen natürlichen oder juristischen Personen als dem Emittenten angenommen wird.“ Ein typisches Beispiel für E-Geld ist das PayPal Guthaben, bei dem nicht etwa Zentralbank-geld für Kunden gehalten wird, sondern digitale Werteinheiten, die als Guthaben auf den virtuellen Kundenkonten geführt werden.
Kryptowährungen wie Bitcoin, Ether und Co. sind nach Auffassung der BaFin kein E-Geld. Bei Stab-lecoins kommt jedoch eine Einordnung als E-Geld in Betracht, wenn diese innerhalb der EU bzw. des EWR angeboten werden. Dabei ist es nicht erforderlich, dass diese zwingend (auch) wertstabil sein müssen, um als E-Geld qualifiziert zu werden.
Fraglich könnte sein, inwieweit (die am Markt befindlichen) Stablecoins eine „Forderung gegenüber dem Emittenten“ begründen. Dieses Merkmal gilt als erfüllt, sobald sich der Emittent einer monetä-ren Werteinheit gegenüber Dritten verpflichtet, die Werteinheit gegen gesetzliches Zahlungsmittel zurückzutauschen. Zwar sichert der Emittent des Stablecoins häufig zu, entsprechende Sicherheiten für die ausgegebenen Stablecoins zu halten, ein Rücktausch wird jedoch häufig nicht angeboten oder garantiert. Tatsächlich ist mit den meisten Stablecoins überhaupt kein Anspruch gegen den Emitten-ten verbunden (nicht nur kein Anspruch auf Rücktausch). Ein solcher Anspruch gegen die Emittentin ist aber Tatbestandsvoraussetzung für das Vorliegen von E-Geld. In diesen Fällen ähnelt der Stab-lecoin eher einer Kryptowährung und wäre dann aufsichtsrechtlich (zumindest nach heute geltender Rechtslage) als Kryptowert im Sinne von § 1 Abs. 11 S. 4 KWG und nicht als E-Geld einzuordnen.
Wird den Inhabern der Stablecoins ein Anspruch gegen den Emittenten auf Rücktausch gegen Fiat eingeräumt, handelt es sich hingegen um E-Geld. Ein Kryptowert liegt dann nicht vor; dies stellt die (noch geltende) Kryptowerte-Definition explizit klar: „Keine Kryptowerte sind E-Geld“ (§ 1 Abs. 11 S. 5 Nr. 1 KWG).
Stablecoins, die zukünftig unter MiCAR als E-Geld-Token zu qualifizieren sind, weil sie die Wertsta-bilität unter Bezugnahme auf eine amtliche Währung wie den Euro wahren sollen, sind auch als E-Geld im Sinne des Zahlungsaufsichtsrechts anzusehen. Das wird in Art. 48 Abs. 2 S. 1 MiCAR klar-gestellt, und gilt auch dann, wenn tatsächlich nicht alle Voraussetzungen für E-Geld gegeben sind, weil es z.B. an einer Forderung gegen den Emittenten fehlt. Viele Stablecoins, die heute nicht als E-Geld zu qualifizieren sind, gelten damit zukünftig unter der MiCAR nicht nur als E-Geld-Token, son-dern auch als E-Geld. Damit kommt zugleich eine Einordnung als „kryptographische Instrumente“ nach der Entwurfsfassung für das KWG unter dem FinmadiG nicht in Betracht.
Im Grundsatz gelten damit für E-Geld-Token sowohl die Anforderungen der MiCAR als auch der E-Geld-Regulierung (in Deutschland das ZAG).