Das FinmadiG setzt die MiCAR in Deutschland um


Entwicklung und aktueller Stand

Am 9. Juni 2023 wurde die MiCAR offiziell als „Verordnung (EU) 2023/1114″ im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. Am zwanzigsten Tag nach der Veröffentlichung ist sie in Kraft getreten (Art. 149 Abs. 1 MiCAR).

Die Titel III und IV der Verordnung über vermögenswertereferenzierte Token und E-Geld-Token gelten bereits ab dem 30. Juni 2024. Die übrigen Bestimmungen der MiCAR gelten ab dem 30. Dezember 2024.

Am 12. Juli 2023 veröffentlichte die ESMA ein erstes Konsultationspapier über technische Standards, die bestimmte Anforderungen der Verordnung über Märkte für Kryptowerte spezifizieren. Das zweite Konsultationspapier vom 5. Oktober 2023 enthält weitere Ausführungen über technische Standards in der MiCAR. Die ESMA beabsichtigt, im ersten Quartal 2024 weitere Konsultationspakete zu veröffentlichen. Ziel dieser Konsultationen ist es, Meinungen von Interessengruppen und Marktteilnehmern zur angemessenen Umsetzung der MiCAR zu sammeln, bevor die konkreten Anforderungen in Delegierten Verordnungen verbindlich geregelt werden.

Am 23. Oktober 2023 veröffentlichte das BMF schließlich den Referentenentwurf eines Gesetzes über die Digitalisierung des Finanzmarktes (Finanzmarktdigitalisierungsgesetz – FinmadiG-RefE). Dieser soll die MiCAR, die neugefasste EU-Geldtransferverordnung sowie das DORA-Paket (Digital Operational Resilience Act, Verordnung (EU) 2022/2554 und Richtlinie (EU) 2022/2556) in einem neu gefassten Finanzmarktdigitalisierungsgesetz durchführen bzw. umsetzen. Der FinmadiG-RefE enthält den Entwurf eines neu geschaffenen Gesetzes zur Aufsicht über Märkte für Kryptowerte (Kryptomärkteaufsichtsgesetz – KMAG) sowie zahlreiche Änderungen in der bestehenden Regulierung, insb. im Kreditwesengesetz (KWG), Wertpapierhandelsgesetz (WpHG), Wertpapierinstitutsgesetz (WpIG), im Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB), im Geldwäschegesetz (GwG) und im Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) sowie weiteren nationalen Gesetzen.

Begriff der Kryptowerte nach MiCAR

Kryptowerte werden in der MiCAR als eine digitale Darstellung eines Wertes oder eines Rechts definiert, der bzw. das unter Verwendung der DLT-Technologie (oder einer ähnlichen Technologie) elektronisch übertragen und gespeichert werden kann (z.B. Kryptowährungs-Token wie Bitcoin oder Utility-Token, siehe Art. 3 Abs. 1 Nr. 5 MiCAR).

Die MiCAR unterscheidet zwischen vermögenswertereferenzierten Token (sog. Asset Referenced Token „ART“ in Titel III), E-Geld-Token (Titel IV) und Kryptowerten, die weder vermögenswertereferenzierte Token noch E-Geld-Token sind (Titel II).

Vermögenswertereferenzierte Token sind eine Art von Kryptowerten, die einen stabilen Wert beibehalten sollen, indem sie einen anderen Wert, ein Recht oder eine Kombination davon referenzieren, einschließlich einer oder mehrerer amtlicher Währungen, ohne ein E-Geld-Token zu sein (siehe Art. 3 Abs. 1 Nr. 6 MiCAR). Einige Stablecoins (soweit sie nicht als E-Geld-Token zu qualifizieren sind) fallen unter diese Art von Kryptowerten, insbesondere, wenn die Wertstabilität durch Bezugnahme auf Rohstoffe oder einem Mix aus Währungen erfolgt.

E-Geld-Token sind eine Art von Kryptowerten, deren Wertstabilität unter Bezugnahme auf den Wert einer amtlichen Währung gewahrt werden soll (siehe Art. 3 Abs. 1 Nr. 7 MiCAR). Der Wert von E-Geld-Token ist durch eine Fiat-Währung (z. B. Euro, US-Dollar) gedeckt.

Die dritte Kategorie von Kryptowerten sind Kryptowerte, die nicht in die Kategorie der vermögenswertereferenzierten Token oder E-Geld-Token fallen (siehe Titel II), aber vom Anwendungsbereich der MiCAR erfasst sind. Dazu zählen vor allem Kryptowährungen wie Bitcoin und Ether, aber auch (untereinander austauschbare) NFT, z.B. in einer großen Serie oder Sammlung. Sog. einmalige und nicht mit anderen Kryptowerten fungible Kryptowerte sind hingegen vom Anwendungsbereich der MiCAR ausgenommen (Art. 2 Abs. 3 MiCAR).

Kryptographische Instrumente nach KWG

Mit dem FinmadiG-RefE wird in § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 6 KWG eine weitere (nationale) Kategorie kryptographischer Token geschaffen, die sog. „kryptographischen Instrumente“. Diese ersetzen die bisherige nationale Kryptowerte-Definition in Deutschland. Künftig sind Kryptowerte in Deutschland ausschließlich solche im Sinne der MiCAR. Kryptographische Instrumente sind hingegen „digitale Darstellung eines Wertes, der von keiner Zentralbank oder öffentlichen Stelle emittiert wurde oder garantiert wird und nicht den gesetzlichen Status einer Währung oder von Geld besitzt, aber von natürlichen oder juristischen Personen aufgrund einer Vereinbarung oder tatsächlichen Übung als Tausch- oder Zahlungsmittel akzeptiert wird oder Anlagezwecken dient und der auf elektronischem Wege übertragen, gespeichert und gehandelt werden kann.“ Davon nicht erfasst sind Kryptowerte im Sinne der MiCAR, E-Geld, aber auch Kryptowertpapiere nach dem eWpG und Kryptofondsanteile. Sie unterliegen einer speziellen, vorrangig geltenden Regulierung (z.B. der MiCAR, dem eWpG oder dem ZAG).

Mit dem neu geschaffenen Begriff der kryptographischen Instrumente sollen solche Kryptowerte einer (zumindest nationalen) Regulierung unterliegen, die zukünftig nicht von der MiCAR erfasst sind. Das dürften in erster Linie Security Token sein, die von der BaFin als Wertpapiere sui generis bezeichnet werden. Bei diesen handelt es sich – trotz fehlender Verbriefung und keiner Eintragung in ein Wertpapierregister – aufsichtsrechtlich um Wertpapiere. Als Finanzinstrumente nach Art. 4 Abs. 1 Nr. 15 bzw. Anhang I Abschnitt C der Richtlinie 2014/65/EU (MiFID II) sind diese explizit vom Anwendungsbereich der MiCAR ausgenommen (Art. 2 Abs. 4 lit. a) MiCAR). Da die Verwahrung solcher Security Token mangels Verbriefung oder Eintragung in ein elektronisches Wertpapierregister nach dem eWpG nicht als Depotgeschäft zu qualifizieren ist, besteht das Bedürfnis für einen nationalen Tatbestand der Kryptoverwahrung (die sog. „qualifizierte Kryptoverwahrung“). Auch die Sicherung der kryptographischen Schlüssel (soweit dies nicht als Verwahrung unter der MiCAR angesehen wird) ist von der qualifizierten Kryptoverwahrung erfasst. Der Begriff „qualifiziert“ wurde deshalb eingefügt, weil die Kryptoverwahrung zukünftig die Verwahrung als Kryptowerte-Dienstleistung für die Verwahrung und Verwaltung von Kryptowerten nach MiCAR bezeichnet.