Kryptowerte im Fondsmantel – Anforderungen an die Verwahrstelle


Erste Fonds investieren mittlerweile nicht mehr nur indirekt über Zertifikate, sondern auch unmittelbar direkt auf Tokenebene in die neue Anlageklasse der Kryptowerte. Unabhängig von der aktuell hoch volatilen Entwicklung am Markt der Kryptowerte wächst das Interesse der Anleger und Anlegerinnen an Krypto-Investments stetig. Hinsichtlich des Risikomanagements stehen Kapitalverwaltungsgesellschaften und Verwahrstellen jedoch aufgrund der vollkommen neuartigen Risiken dieser Anlageklasse vor großen Herausforderungen. Es drohen besondere Verwahrrisiken, wie der totale Verlust der Private Keys durch Hacking-Angriffe. Einen aufsichtsrechtlichen Mindeststandard für Kapitalverwaltungsgesellschaften und Verwahrstellen gibt es z.B. durch eine Erweiterung des bisherigen Verwahrstellenrundschreibens der BaFin nicht. Der Fondsverband BVI hat für seine Mitglieder einen Kryptoleitfaden entwickelt, der bestimmte best-practice Beispiele definiert. Gegenstand dieses Beitrags ist eine erste Darstellung der Anforderungen an die Verwahrstelle, wenn das Institut Fonds mit Krypto-Exposure in die Verwahrung nimmt.

1. Die Ausgangslage: 2-Schritt-Strategie

Kryptowerte erfordern, im Vergleich zu „klassischen“ Anlagen, z. B. wegen ihres hohen technischen Gehalts, eine andere Betrachtung auf mit ihnen verbundene Risiken und deren Management. Um diese Betrachtung ganzheitlich vornehmen zu können, ist eine frühzeitige Einbindung aller erforderlichen Stellen im Unternehmen angezeigt. Prozessorientiert ist ein Zwei-Schritt-Verfahren zu empfehlen.

Im ersten Schritt ist eine umfassende initiale Kryptowert-Due-Diligence durchzuführen, in der anhand eines festgelegten Kriterienkatalogs geprüft wird, ob ein Kryptowert für einen AIF grundsätzlich erwerbsfähig ist. In der Regel ist dies bei Kryptowährungen der Fall. Davon zu unterscheiden ist die Frage der Erwerbbarkeit für einen spezifischen AIF im Rahmen der Anlagegrenzen, der sogenannten Erwerbbarkeitsprüfung.

In einem zweiten Schritt ist eine laufende Überprüfung sicherzustellen, die sich auf zeitliche Intervalle und/oder informatorische Anlässe bezieht. Dieser zweite Schritt trägt dem dynamischen Entwicklungsprozess auf der Technologie- und Marktseite der Blockchainanwendungen Rechnung.

Darüber hinaus sind die angewandten Risikomanagementprozesse sowie die ihnen zugrundeliegenden Prüfungspunkte und Annahmen fortlaufend weiterzuentwickeln. Dabei sind neben der eigenen erfahrungsbasierten Anpassung auch Verlautbarungen von Aufsichtsbehörden, aber insbesondere z.B. auch Tech-Publikationen zu beachten. Darüber hinaus ist anzumerken, dass die besonderen Ansprüche an das Risk-Management nicht nur für direkte, sondern auch für indirekte Investments in Kryptowerte anzuwenden sind.

Derzeit sind am Markt zwei Aufbau- und Prozessmodelle in der Anwendung. Beide Modelle ziehen sowohl quantitative als auch qualitative Merkmale für die Bewertung eines Kryptowertes heran. In dem einen Modell (A) findet die Aufbereitung von Daten und die quantitative und qualitative Betrachtung intern statt. In dem anderen Modell (B) erfolgt dies extern durch das Heranziehen von spezialisierten, externen Datenlieferanten, insbesondere um gerade die technischen Risiken (z.B. Hash-Algorithmen) bestmöglich bewerten zu können. Die Verantwortung für die Entscheidung über den Erwerb eines Kryptowertes bleibt entsprechend der Regelungen des KAGB bei der KVG unter Einbeziehung der KAGB-Verwahrstelle, die formal durch Anlagegrenzprüfung/Erwerbbarkeitsprüfung umgesetzt wird.

Beide oben beschriebenen Modelle (A & B) verfügen über einen Entscheidungsprozess, der eine Einbindung der Geschäftsleitung vorsieht – bei dem einen Modell (A) im Rahmen eines Entscheidungsgremiums, bei dem anderen Modell (B) im Rahmen einer zweistufigen Struktur mit operativem und strategischem Entscheiderkreis.

2. Pflichten der Verwahrstelle bei Investments in Krypto

Aus dem KAGB und den einschlägigen Level-2-Vorschriften zur Richtlinie 2011/61/EU (AIFM-RL) folgt die Pflicht der Verwahrstelle zur Verwahrung von Vermögensgegenständen, sofern diese gemäß § 81 KAGB verwahrfähig sind. Daneben trifft die Verwahrstelle stets gewisse Kontrollpflichten. Die Verwahrstelle hat aufsichtsrechtlich eine herausragende Bedeutung, da sie sowohl zeitlich als auch sachlich die nächste Kontrollinstanz der Kapitalverwaltungsgesellschaft darstellt.

2.1. Pflichten der Verwahrstelle im Zusammenhang mit der Übernahme des Mandats

Eine Verwahrstelle sollte schon vor Übernahme des Mandats ein besonderes Augenmerk auf die Bewertung der mit diesem Mandat verbundenen Risiken legen und auf dieser Grundlage angemessene Aufsichtsprozesse etablieren. Außerdem sollte die Verwahrstelle über ausreichende sachliche und personelle Ressourcen verfügen. Da in vielen Verwahrstellen nicht ausreichend Know-How auf Ebene der Geschäftsleitung besteht, dürfte es aber genügen, wenn die erforderliche fachliche Eignung innerhalb eines angemessenen Zeitraums z.B. von sechs Monaten nach Übernahme des Mandates aufgebaut wird. Vor Übernahme des Mandats sollte allerdings durch die Teilnahme an Schulungen ausreichend theoretisches Wissen bei der Geschäftsleitung angeeignet werden. Weiter sollte eine Verwahrstelle vor dem erstmaligen Erwerb eines Kryptowertes durch die KVG prüfen, ob dieser als verwahrfähiger oder sonstiger Vermögensgegenstand zu qualifizieren ist. Im Rahmen des Neue-Produkte-Prozesses (NPP) muss die KVG die Verwahrstelle rechtzeitig einbinden. Verwahrfähig sind nur MiFID-II-Finanzinstrumente. Es gilt der bekannte aufsichtsrechtliche Grundsatz „substance over form“.

2.2. Pflichten der Verwahrstelle im Zusammenhang mit der Verwahrung von Kryptowerten

Für die Verwahrung von Security Token benötigt die Verwahrstelle eine (ggf. zusätzliche) Erlaubnis für das Kryptoverwahrgeschäft gem. § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 6 KWG. Ausgenommen ist die Verwahrung von Kryptowertpapieren im Sinne des eWpG, da diese von der Erlaubnis zum Betreiben des Depotgeschäfts umfasst sind. Unbeantwortet ist bisher, ob die Erlaubnis in der Depotbank selbst liegen muss, oder ob z.B. auch die Erlaubnis einer Schwestergesellschaft in einer Finanzholding bzw. Bankengruppe genutzt werden darf. Letzteres ist nach unserer Auffassung vorzugswürdig, da derzeit im Markt noch kein Institut sowohl die Depotbankerlaubnis als auch die Kryptoverwahrerlaubnis vereint.

Verwahrstellen dürfen sich grundsätzlich Unterverwahrern gemäß § 82 KAGB bedienen bzw. ihre Verwahraufgaben an diese auslagern. Der Unterverwahrer muss über eine angemessene und geeignete Organisationsstruktur sowie über ausreichende Fachkenntnisse verfügen. Außerdem muss er einer wirksamen aufsichtlichen Regulierung, einschließlich Mindesteigenkapitalanforderungen unterliegen. Eine regelmäßige externe Rechnungsprüfung soll sicherstellen, dass die Verfügungsbefugnis über die Kryptowerte aufgrund der Kenntnis über die Private Keys besteht.

2.3. Prüfungspflichten bei nicht verwahrfähigen Vermögensgegenständen

Die Verwahrstelle trifft ebenso die Pflicht zur Feststellung, inwieweit die KVG Eigentum oder eine dem Eigentum entsprechende Rechtsposition an den Vermögensgegenständen erworben hat. Ferner muss sie sicherstellen, dass der Public Key dem Kryptoverwahrer oder Investmentvermögen zugeordnet ist. Die Verwahrstelle muss die Vermögensgegenstände in einem tagesaktuellen Bestandsverzeichnis erfassen.

2.4. Kontrollpflichten der Verwahrstelle

Die Verwahrstelle ist verpflichtet, den Kontrollpflichten aus § 83 KAGB nachzukommen. Diese umfassen die Erwerbbarkeit der Kryptowerte gemäß Anlagebedingungen und der gesetzlichen Vorschriften, eine Best Execution bzw. Marktgerechtigkeitskontrolle, die die Volatilität der Kryptowerte berücksichtigt und die Auswahl der Handelsplätze näher begründet, sowie eine Kontrolle der Anteilswertermittlung.

3. Fazit

Das Risikomanagement einer Verwahrstelle, die in Kryptowerte investiert, ist komplex. Angesichts der zunehmenden Use Cases von Krypto-Investments und der damit verbundenen Herausforderungen für das Risikomanagement ist eine sorgfältige Herangehensweise unerlässlich. Insgesamt ist entscheidend, dass die Verwahrstellen sowie die Kapitalverwaltungsgesellschaften die Besonderheiten und Risiken von Kryptowerten verstehen und entsprechende Prozesse und Kontrollen implementieren. Das Aufsichtsrecht sowie die Best Practice entwickeln sich ständig weiter. Relevante Schulungen und die Beteiligung von Experten sind notwendig, um sicherzustellen, dass der aufsichtsrechtliche Rahmen erfüllt wird.