ECSP-VO – Der Erlaubnisantrag als europäischer Crowdfunding-Dienstleister: ein nationales Antragsverfahren mit europäischen Anforderungen


Die Verordnung (EU) 2020/1503 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. Oktober 2020 über Europäische Schwarmfinanzierungsdienstleister für Unternehmen (European Crowdfunding Service Provider Regulation – „ECSP-VO“) ist seit November 2021 unmittelbar gültig. Allerdings läuft die Übergangszeit – nachdem die Europäische Kommission von ihrer einmaligen Verlängerungsoption Gebrauch gemacht hat – nun noch bis zum 10. November 2023 (anstatt wie ursprünglich bis zum 10. November 2022). Die Anforderungen der ECSP-VO müssen also erst ab dem 10. November 2023 zwingend erfüllt werden.

Dennoch lohnt es sich die Harmonisierung der Erlaubnispflicht für Schwarmfinanzierungsdienstleister (Crowdfunding Service Provider – „CSP“) bereits jetzt im Blick zu haben – insbesondere wenn man bereits im Bereich des Crowdfunding tätig ist. Es gilt mit Ablauf der Übergangsfrist nicht ohne eine etwaig notwendige europäische Erlaubnis („ECSP-Erlaubnis“) dazustehen. Fehlt eine erforderliche ECSP-Erlaubnis, werden Crowdfunding-Plattformen mit lokaler Erlaubnis nach dem 10. November 2023 keine neuen Schwarmfinanzierungsangebote mehr veröffentlichen dürfen.

Gleichzeitig geht ein Erlaubnisantrag für eine ECSP-Erlaubnis mit einiger Vorarbeit einher und sollte daher möglichst frühzeitig angegangen werden. Auch auf Seiten der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht („BaFin“) dürfte es angesichts der Aktualität der Thematik noch an Routine fehlen, weshalb für einen erfolgreichen Erlaubnisantrag eine gewisse Vorlaufzeit eingeplant werden sollte. Dieser Artikel gibt einen ersten Überblick über die zu erfüllenden Anforderungen, um eine solche Erlaubnis als europäischer Crowdfunding-Dienstleister (rechtzeitig) zu erhalten. Für einen detaillierteren Einblick empfehlen wir zudem einen Blick in den neu erschienenen Elgar Kommentars zur European Crowdfunding Service Providers Regulation (zum Erlaubnisverfahren Aschenbeck/Engler in Kapitel 13).

Wer benötigt eine ECSP-Erlaubnis? Auch rein nationale Player!

Erlaubnispflichtig sind alle CSP, die in den Anwendungsbereich der ECSP-VO fallen. Wer und was von der ECSP-VO erfasst ist, kann hier noch einmal nachgelesen werden.

Insbesondere ist aber zu beachten, dass eine europäische Erlaubnispflicht ungeachtet dessen gilt, ob CSP europaweit agieren wollen (Stichwort: EU-Passporting) oder (weiterhin) ausschließlich den nationalen Markt ansprechen. Es wäre also fatal davon auszugehen, dass einen nationalen Player die ECSP-Thematik schon allein deshalb nicht betrifft, weil dieser eben rein national tätig ist.

Bezüglich der Beantwortung der Frage, ob CSP in den Anwendungsbereich der ECSP-VO fallen und damit einer ECSP-Erlaubnis bedürfen, bedarf es stattdessen stets einer Einzelfallbetrachtung des konkreten Geschäftsmodells. Eine knappe typologische Betrachtung der in Deutschland typischen Geschäftsmodelle von Crowdfunding-Plattformen finden Sie hier, wobei diese eine Einzelfallbetrachtung nicht ersetzen kann.

Der Erlaubnisantrag

Besteht eine Erlaubnispflicht nach Art. 12 ECSP-VO, muss ein entsprechender Antrag gestellt werden. Das folgende gibt einen Überblick über den Antragsprozess sowie den Inhalt des Antrags.

Einreichung des Antrags

Obwohl die ESCP-Erlaubnis eine europäische Erlaubnis ist, obliegt ihre Erteilung (sowie ihr Widerruf) in Deutschland der BaFin. 

Die BaFin ist verpflichtet, dem Antragstellenden innerhalb von zehn Arbeitstagen nach Eingang des Antrags – unbeschadet der Frist für die Bewertung der Vollständigkeit des Antrags – den Empfang des Antrags in elektronischer oder papiergestützter Form zu bestätigen. Diese Empfangsbestätigung muss die Kontaktangaben der Personen enthalten, die den Zulassungsantrag bearbeiten.

Inhalt des Erlaubnisantrags

Potenzielle Schwarmfinanzierungsdienstleister reichen ihren Erlaubnisantrag unter Verwendung eines Standardformulars ein, welches die EU-Kommission im Anhang der delegierten Verordnung (EU) 2022/2112 vom 13. Juli 2022 bereitgestellt hat (hier) („Standardformular“). Das Antragsformular dürfte in erster Linie als eine Art Deckblatt des Antrags dienen, das auf eine Vielzahl von Anhängen verweist.

Der Erlaubnisantrag hat alle Informationen und Unterlagen zu enthalten, welche durch die ECSP-VO für jeden Themenbereich des Antragsformulars verbindlich vorgegeben wird. Diese Anforderungen werden durch technische Regulierungsstandards der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde („ESMA“) konkretisiert.

Erforderliche Informationen – ein Überblick

In dem Antragsformular hat der CSP einige Angaben zu sich selbst, seinem Angebot und seinen internen Strukturen zu machen.

Allgemein

Zunächst sind einige Angaben zum Antragsteller selbst vorzunehmen, wie dessen Name, Website und Anschrift sowie Namen und Kontaktdaten der verantwortlichen Ansprechpartner für den Erlaubnisantrag. Zudem ist die Rechtsform des CSP anzugeben sowie der Gesellschaftsvertrag einzureichen.

Geschäftsplan

Außerdem ist ein Geschäftsplan (business plan) einzureichen, der bestimmten Anforderungen der ECSP-VO genügen muss. Dieser muss ebenso Informationen über die Arten von Schwarmfinanzierungsdienstleistungen wie Angaben zu Informationen auf der Schwarmfinanzierungsplattform und Vermarktungsstrategien enthalten.

So muss aus diesem u.a. hervorgehen, welche konkreten Schwarmfinanzierungsdienstleistungen der CSP anzubieten beabsichtigt. Diese können wie folgt ausgestaltet sein:

  • Vermittlung von unbedingt rückzahlbaren Krediten (also Fremdkapital),
  • Vermittlung (und Platzierung) von MiFID-Wertpapieren (und darüber hinaus für Crowdfunding zugelassenen Instrumenten) (also Fremd- wie (grds.) Eigenkapital möglich).

Zudem ist im Geschäftsplan auch anzugeben, welche weiteren Dienstleistungen und Tätigkeiten der CSP zu erbringen beabsichtigt, wobei dasStandardformular hier einen Katalog vorsieht, aus dem der Antragssteller zu wählen hat (zB Verwahrung von Kundenvermögen, Zahlungsdienste oder die Nutzung von Zweckgesellschaften für die Erbringung von Crowdfunding-Dienstleistungen).

Außerdem sind im Geschäftsplan auch Angaben zu Informationen auf der Schwarmfinanzierungsplattform zu machen. So ist beispielsweise aufzuzeigen:

  • welche Vorkehrungen zum Betrieb eines öffentlich zugänglichen, nicht-diskriminierenden Informationssystems im Internet getroffen werden, sowie
  • eine Beschreibung von Verfahren und Vorkehrungen für die rasche, faire und zügige Erbringung der Schwarmfinanzierungsdienstleistungen.

In Bezug auf den Vertrieb der Schwarmfinanzierungsangebote hat der CSP zudem seine europäische Marketingstrategie darzulegen, dh erforderlich ist eine Beschreibung der Vermarktungsstrategie, die der potenzielle Schwarmfinanzierungsdienstleister in der Union zu verwenden beabsichtigt, einschließlich der Sprachen der Marketingmitteilungen; Offenlegung der Mitgliedstaaten, in denen die meiste Werbung in Medien betrieben wird, und der voraussichtlich verwendeten Kommunikationsmittel.

Beschreibung der Governance-Regelungen und der internen Kontrollmechanismen

Herzstück des Antrags stellen die Informationen zu den internen Strukturen des CSP dar. In diesem Abschnitt muss dargelegt werden, wie die Governance-Regelungen und internen Kontrollmechanismen des CSP ausgestaltet sind. Hierunter fallen auch dessen Risikomanagement- und Rechnungslegungsverfahren. Hierfür ist u.a. ein Organigramm anzufertigen, aus dem sich die Aufgaben- und Befugnisverteilung ergibt und Ausführungen zur Personalentwicklung zu tätigen. Zum Risikomanagement gehören Strategien und Verfahren zur Ermittlung, Steuerung und Überwachung von Risiken – diese sind ebenfalls darzulegen.

Beschreibung der Systeme, Mittel und Verfahren zur Kontrolle und Sicherung der Datenverarbeitungssysteme

Des Weiteren muss der CSP im Antrag seine Systeme, Ressourcen und Verfahren für die Kontrolle und Sicherung des Datenverarbeitungssystems benennen und beschreiben, sowie Angaben zu operationellen Risiken machen.

Beschreibung der operationellen Risiken

Zudem muss der CSP im Antrag u.a. Risiken im Zusammenhang mit der IT-Infrastruktur und -Verfahren sowie das Risiko im Zusammenhang mit der Festlegung des Angebots, ggfls.  Risiken im Zusammenhang mit der Verwahrung von Kundenvermögen und den Zahlungsdiensten, Risiken im Zusammenhang mit der Auslagerung betrieblicher Aufgaben und sonstige operationelle Risiken beschreiben.

Beschreibung der aufsichtsrechtlichen Sicherheiten

Das Antragsformular sieht außerdem die Beschreibung der aufsichtsrechtlichen Sicherheiten vor, worunter zB Eigenmittel und Versicherungspolicen fallen – für deren Vorliegen sind Nachweise zu erbringen. An dieser Stelle sind die einzelnen Posten und die Gesamthöhe der aufsichtsrechtlichen Sicherheiten zu benennen und in Verhältnis zu den fixen Gemeinkosten zu setzen. Außerdem wird eine Prognose bezüglich benötigter aufsichtsrechtlicher Sicherheiten für die ersten drei Geschäftsjahre aufgestellt.

Beschreibung des Plans zur Geschäftsfortführung (Business Continuity Plan)

Zudem werden Angaben zu einem sog. Business Continuity Plan verlangt; also zu einem Plan für die Geschäftsfortführung kritischer Dienstleistungen im Krisenfall – dem Ausfall des (potenziellen) CSP.

Inhaberkontrollverfahren

In Bezug auf Anteilseignern, die direkt oder indirekt mindestens 20 % der Kapitalanteile oder Stimmrechte halten, sieht der Antrag ein Inhaberkontrollverfahren vor. Das bedeutet, dass der CSP zu jeder Person einen Nachweis der Zuverlässigkeit zu erbringen hat.

Während ein Inhaberkontrollverfahren an sich kein Novum ist, hat die Erfahrung in anderen Erlaubnisverfahren gezeigt, dass dies in der Vorbereitung ein zeitintensiver Punkt im Erlaubnisverfahren darstellen kann.

Verfahren für das Anlagebasisinformationsblatt

Schließlich ist zu beschreiben, mit welchem Verfahren das Anlagebasisinformationsblatts („ABIB“) auf Vollständigkeit, Korrektheit und Klarheit überprüft wird und es ist das Verfahren zur Bewertung der Angemessenheit der angebotenen Crowdfunding-Dienstleistungen für Anleger zu beschreiben. Hierunter fällt insbesondere die Beschreibung der Angaben, die nicht kundige Anleger bezüglich ihrer Erfahrung, ihren Anlagezielen, ihrer finanziellen Situation, ihrem allgemeinen Verständnis der Risiken im Zusammenhang mit Geldanlagen sowie ihres Verständnisses der Risiken im Zusammenhang mit den auf der Schwarmfinanzierungsplattform angeboten Anlagen tätigen müssen.

Sonstiges

Des Weiteren sind Angaben zu machen zu Interessenkonflikts-Verfahren, Outsourcing-Vereinbarungen, Beschwerdemanagement, Auslagerungsvereinbarungen sowie zu der Frage, ob beabsichtigt wird, (selbst) Zahlungsdienste zu erbringen (und wenn ja, welche).

Zusätzliche Informationen und Nachweise bzgl. der Geschäftsleitung

Zusätzlich sind weitere Dokumente betreffend der für die Geschäftsleitung des potenziellen Schwarmfinanzierungsdienstleisters verantwortlichen natürlichen Personen einzureichen. Konkret ist der Nachweis der Zuverlässigkeit zu erbringen sowie nachzuweisen, dass diese über ausreichende Kenntnisse, Fähigkeiten und Berufserfahrung für die Leitung des potenziellen Schwarmfinanzierungsdienstleisters verfügen.

Zu diesem Zweck sind üblicherweise Vorstrafenregisterauszüge zu beantragen. Zudem sollten sowohl Managementerfahrung als auch theoretische Kenntnisse nachgewiesen werden.

Außerdem sind die weiteren Tätigkeiten der Geschäftsleiter offen zu legen, um nachzuweisen, dass die geschäftsleitenden Personen in der Lage und bereit sind, die nötige Zeit in ihre Aufgaben zu stecken.

In der Praxis – im Kontext von anderen BaFin-Erlaubnisverfahren (zB MiFID II) – hat sich gezeigt, dass es sich hierbei keinesfalls um eine bloße Formalität handelt. Vielmehr stellt die BaFin recht hohe Erwartungen sowohl an die Zuverlässigkeit als auch an die fachliche Eignung. Daher sollte diese Anforderung bei der Antragsstellung keinesfalls unterschätzt werden.

Umfang der Erlaubnis und Erleichterungen

Ist eine Erlaubnis erteilt, erstreckt sie sich auf die im Antrag angegebenen Crowdfunding-Dienstleistungen. Sofern ein CSP sein Dienstleistungsangebot ausweiten möchte, ist hierfür ein erneutes Verfahren zu durchlaufen. In diesem muss aber nicht der gesamte Zulassungsantrag neu eingereicht werden. Das Verfahren dient lediglich zur Ergänzung und Aktualisierung der bereits getätigten Angaben.

Möchte ein nach ECSP-VO lizenzierter CSP seine Schwarmfinanzierungsdienstleistungen in einem anderen Mitgliedstaat erbringen als dem, in dem er lizenziert ist („EU-Passporting“), ist dies nicht direkt von der eigentlichen Zulassung erfasst. Der CSP muss der zuständigen Aufsichtsbehörde für dieses Vorhaben weitere, in der ECSP-VO festgelegte Informationen zukommen lassen – was auch schon bei Antragsstellung geschehen kann.

Hatte ein CSP bereits vor Inkrafttreten der ECSP-VO eine Erlaubnis nach anderen, auf CSP anwendbaren Gesetzen inne, so bestehen für ihn bei der Beantragung der ECSP-Zulassung bestimmte Privilegien. Dies soll das Antragsverfahren für CSP mit bereits bestehender Erlaubnis (beispielsweise nach PSD II oder MiFID II) erleichtern.

Fazit

Ein Schwarmfinanzierungsdienstleister, der eine ECSP-Erlaubnis – spätestens ab dem 10. November 2023 – bedarf, muss der BaFin eine ganze Reihe an Informationen und Nachweisen zur Verfügung stellen. Das Erlaubnisverfahren ist daher ein durchaus anspruchsvoller und zeitintensiver Prozess, der aufgrund der Aktualität der Thematik zudem noch einige offenen Fragen kennt.

Die Autorinnen dieses Beitrags befassen sich daher intensiv mit der Erlaubniserlangung in Kapitel 13 des ersten Kommentars der ECSP-VO (Elgar Kommentar zur European Crowdfunding Service Providers Regulation). Dieser innovative Kommentar enthält Beiträge von international anerkannten Experten mit umfassendem und vielfältigem Hintergrund und bietet eine umfassende, kritische und thematische Analyse der ECSP-VO. Kapitel 13 befasst sich mit dem Zulassungsverfahren, dem Umfang der Zulassung und dem ESMA-Register für CSP. Neben einem Vergleich der ECSPR mit anderen europäischen Regelwerken (MiFID II, PSD II) konzentriert sich das Kapitel darauf, einen Überblick darüber zu geben, wer wo und wie eine Zulassung als CSP beantragen muss. Das Kapitel analysiert insbesondere den geforderten Inhalt des Antragsschreibens und die damit verbundenen Anforderungen zur Erlangung der Erlaubnis. Das Kapitel befasst sich auch mit Fällen, in denen CSPs ihre Crowdfunding-Zulassung auf weitere Crowdfunding-Dienstleistungen ausdehnen möchten und/oder CSPs auch andere erlaubnispflichtige Dienstleistungen (MiFID II oder PSD II) erbringen möchten, für die sie möglicherweise bereits eine Erlaubnis besitzen oder nicht. Darüber hinaus wird der Antragsprozess selbst skizziert. Der Kommentar ist in Print sowie online verfügbar (hier).