Influencer, die sich zum Thema Geldanlage äußern, werden immer populärer. Allerdings stehen sie auch unter genauer Beobachtung von Konkurrenten und Aufsichtsbehörden. Welche gesetzlichen Regelungen zu bedenken sind und worauf Unternehmen achten sollten, die Finfluencer engagieren
Immer mehr junge Leute interessieren sich für Geldanlage. Die Antworten auf ihre Fragen nach dem besten Finanzprodukt, der höchsten Rendite oder den interessantesten Kryptowerten holen sie sich in sozialen Netzwerken, die den Bankberater am Schalter ersetzt haben. Finfluencer, also Influencer für Finanzprodukte, wurden auf diese Weise zu einem rasant wachsenden Phänomen. Schnell und unterhaltsam erklären sie jungen Verbrauchern und Verbraucherinnen Finanzthemen. Und Fintechs erhoffen sich von Kooperationen mit Finfluencern, ihre Bekanntheit bei der jungen Zielgruppe weiter zu steigern.
Finfluencer unter verstärker Beobachtung
Nicht alle Finfluencer halten dabei aber immer die gesetzlichen Regeln ein. Deshalb geraten sie verstärkt unter Beobachtung. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat sich jüngst mit einem Informationsschreiben an die Verbraucherinnen und Verbraucher gewandt und darin gewarnt, dass „unter den Financial Influencern (kurz: FinFluencer), die regelmäßig und in hoher Frequenz Informationen und Anlagetipps posten“ neben echten Kennerinnen und Kennern „viele selbsternannte Experten unterwegs“ seien.
Die niederländische Finanzaufsichtsbehörde (Autoriteit Financiële Markten – AFM) hat kürzlich sogar eine Untersuchung von 150 Finfluencern und ihren Postings durchgeführt und als Ergebnis veröffentlicht: „Es gibt nur wenige Finfluencer, die neutral posten, und es mangelt oft an Transparenz.“ Die AFM hielt es deshalb für notwendig, Finfluencer „an die Regeln für Online-Postings über Geldanlage zu erinnern“, so die Überschrift der Pressemitteilung.
Zuvor hatte auch bereits die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) eine Stellungnahme zu Anlageempfehlungen in sozialen Medien veröffentlicht, über die wir auf dem Osborne Clarke FinTech-Blog bereits Ende Oktober 2021 berichteten.
Neben der Beobachtung durch die Behörden hat auch der Markt der Fintechs und Finfluencer selbst ein genaues Auge auf die jeweiligen Konkurrenten und deren Aktivitäten. Das deutsche Wettbewerbsrecht ermöglicht es, einen Konkurrenten bei Wettbewerbsverstößen per Abmahnung und gegebenenfalls durch gerichtliches Vorgehen rechtlich anzugreifen und beispielsweise auf Unterlassung in Anspruch zu nehmen, § 8 UWG. Auch Schadensersatzansprüche können Rechtsfolge von UWG-Verstößen sein, § 9 UWG.
Rechtliche Regeln für Finfluencer-Aktivitäten kommen aus zwei Richtungen
Derart unter Beobachtung ist es besonders wichtig, die rechtlichen Anforderungen zu kennen und sie einzuhalten. Für Finfluencer ergeben sie sich aus gleich zwei Richtungen: einerseits aus den allgemeinen Vorgaben an Werbung aus dem Wettbewerbsrecht, andererseits aus finanzmarktrechtlichen Anforderungen.
Die allgemeinen Vorgaben ergeben sich insbesondere aus dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) und betreffen vor allem die Kennzeichnungspflicht von Werbung. Erhält ein Finfluencer für einen Post eine Gegenleistung oder arbeitet er mit Affiliate-Links, so muss er dies gem. § 5a Abs. 6 UWG kenntlich machen. Insbesondere für die Plattform Instagram hat der Bundesgerichtshof (BGH) vor wenigen Monaten mit drei Entscheidungen (BGH-Urteile vom 9. September 2021 – Aktenzeichen I ZR 90/20, I ZR 125/20, I ZR 126/20) näher konkretisiert, was von Influencern als Werbung gekennzeichnet werden muss und wie die Kennzeichnung auszusehen hat. Dies gilt für Influencer, die klassische Gebrauchsgegenstände bewerben, ebenso wie für Finfluencer und Finanzprodukte. Oberstes Gebot ist dabei hinreichende Transparenz durch Kennzeichnung, sofern einer Empfehlung eine Kooperationsvereinbarung zugrunde liegt.
Detaillierte Vorgaben aus der Marktmissbrauchsverordnung (“MarktmissbrauchsVO”)
Hinzu kommen bei Finfluencern die finanzaufsichtsrechtlichen Anforderungen. Die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) hat in ihrer Stellungnahme betont, dass Anlageempfehlungen in sozialen Medien den Vorschriften der EU-MarktmissbrauchsVO unterliegen. Die MarktmissbrauchsVO verpflichtet in Art. 20 diejenigen, die eine sog. „Anlageempfehlung“ abgeben, dazu, dass die Informationen objektiv dargestellt und Interessen oder Interessenkonflikte hinsichtlich der Finanzinstrumente, auf die sich diese Informationen beziehen, offengelegt werden. Der Begriff „Anlageempfehlungen“ umschreibt laut ESMA „Informationen, die explizit oder implizit eine Anlagestrategie empfehlen oder vorschlagen, die sich auf ein oder mehrere Finanzinstrumente oder Emittenten bezieht, einschließlich einer Meinung zum gegenwärtigen oder künftigen Wert oder Preis solcher Instrumente, die für Vertriebskanäle oder die Öffentlichkeit bestimmt sind.“ Auch wenn dieser Begriff weit gefasst ist, bleibt im Einzelfall zu prüfen, ob Aktivitäten von Finfluencern dies erfüllen. Denkbar ist dies aber durchaus, etwa bei Instagram-Profilen, auf denen jemand Investments in bestimmte Aktien oder gar Krypto-Token empfiehlt.
Noch spezifischere Anforderungen können sich aus der Delegierten Verordnung zur MarktmissbrauchsVO ergeben. Diese richtet sich an jede Person, die „wiederholt Anlageentscheidungen zu Finanzinstrumenten vorschlägt“ und dabei angibt, Erfahrungen oder Sachkenntnis im Finanzbereich zu besitzen, oder ihre Empfehlungen in einer Art und Weise erteilt, die in anderen vernünftigerweise die Erwartung weckt, dass sie Erfahrungen oder Sachkenntnis im Finanzbereich besitzt. Auch das könnte bei Finfluencern durchaus der Fall sein, sodass die zusätzlichen Anforderungen gem. Art. 2 ff. der Delegierten Verordnung zur MarktmissbrauchsVO eingreifen (Angabe der Identität der die Empfehlungen erstellenden Personen, Erfüllung der Anforderungen für die objektive Darstellung der Empfehlungen, etc.).
Insgesamt wird das Maß an Transparenz, das schon nach allgemeinen werberechtlichen Vorschriften verlangt wird, durch die finanzaufsichtsrechtlichen Anforderungen noch erhöht. Zudem besteht – anders als nach allgemeinen werberechtlichen Vorschriften – die Gefahr einer Geldbuße. Denn gem. § 120 Abs. 15 Nr. 23 des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) stellt es eine Ordnungswidrigkeit dar, entgegen der Vorschriften der MarktmissbrauchsVO nicht oder nicht in der vorgeschriebenen Weise dafür Sorge zu tragen, dass Informationen objektiv dargestellt oder Interessen oder Interessenkonflikte offengelegt werden.
Verstöße gegen die MarktmissbrauchsVO, gegen die Delegierte Verordnung zur MarktmissbrauchsVO oder auch gegen Informationspflichten aus dem WpHG können zudem von Wettbewerbern angegriffen werden. Denn nach § 3a UWG handelt unlauter und damit wettbewerbswidrig, „wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln“. Hintergrund ist, dass derjenige, der im Unterschied zu seinen Wettbewerbern die regulatorischen Vorgaben missachtet, sich im Wettbewerb einen „Vorsprung durch Rechtsbruch“ verschafft, welcher als unlauter angesehen wird. Die in Art. 20 der MarktmissbrauchsVO formulierte Verpflichtung der Adressaten, dass Informationen objektiv dargestellt und etwaige Interessen und Interessenkonflikte offengelegt werden, betrifft unmittelbar deren Verhalten am Markt, so dass die Vorschrift eine Marktverhaltensregel im Sinne des § 3a UWG darstellen dürfte. Entsprechendes gilt für die Delegierte Verordnung, zu deren ausdrücklichen Regelungszielen gemäß ihrem Erwägungsgrund (1) vor allem die „Gewährleistung hoher Standards im Hinblick auf Fairness, Redlichkeit und Markttransparenz“ gehört, also ebenfalls das Verhalten ihrer Adressaten am Markt. Und auch für verschiedene Vorschriften des WpHG, wie etwa dessen § 64, ist der Charakter als wettbewerbsrelevante Marktverhaltensregel anerkannt.
Warum die Finfluencer-Regeln auch für Fintechs relevant sind
Die Einhaltung der dargestellten Regeln ist dabei nicht allein Aufgabe und Problem des Finfluencers. Nach der Rechtsprechung des BGH können auch Unternehmen, die mit Influencern zusammenarbeiten (wobei schon eine Partnerschaft durch Affiliate-Links genügen kann), für deren Wettbewerbsverstöße gem. § 8 Abs. 2 UWG haftbar gemacht und auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Diese Judikatur lässt sich auf die Fallgruppe der Finfluencer übertragen, das gilt auch und gerade für etwaige Verstöße gegen die genannten Marktverhaltensregeln gemäß § 3a UWG.
Es empfiehlt sich deshalb, dass Fintechs mit Finfluencern vertraglich regeln, welche Vorgaben der Finfluencer einhalten muss (etwa: die Anzeigepflicht des Finfluencers gegenüber der BaFin gem. § 86 Abs. 1 S. 1 WpHG vor Beginn der Tätigkeit, d.h. der Abgabe einer Anlageempfehlung), wie Beiträge im Rahmen einer Kooperation zu kennzeichnen sind, um UWG- und MarktmissbrauchsVO-konform zu sein, und welche Reaktions- und Sanktionsmöglichkeiten sich das Fintech bei Verstößen des Finfluencers vorbehält. Ratsam ist es, die Finfluencer vorab entsprechend zu schulen, deren Werbeaussagen zu überwachen und bei möglichen Verstößen unverzüglich zur Korrektur aufzufordern. So kann Angriffen durch Wettbewerber oder Maßnahmen von Aufsichtsbehörden vorgebeugt werden.