Glaubte man, dass die Fortsetzung der Dauerbrennerserie „Vorgaben zur Bekämpfung von Geldwäsche- und Terrorismusfinanzierung“ noch eine Weile auf sich warten ließe, so ist man wohl erneut eines Besseren belehrt worden. Trotz anhaltender Corona-Krise will der EU-Gesetzgeber in einem unfassbaren Tempo nachlegen.
Die Europäische Kommission kündigte an, noch im ersten Halbjahr 2020 einen neuen Aktionsplan zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung („AML/CTF Aktionsplan“) vorzulegen. Dies wäre dann die bereits 7. (!) EU-Geldwäsche-Regulierung – dabei steht noch immer die Umsetzung der 6. Geldwäsche-Richtlinie in deutsches Recht aus. Wenn es nach der Europäischen Kommission geht, soll dem nationalen Gesetzgeber der „Umsetzungsstress“ jedoch künftig erspart bleiben: Verordnung statt Richtlinie heißt das neue Motto.
Es ist kaum ein Hinterherkommen möglich. Die Mitgliedsstaaten (hierunter auch Deutschland) dürften derzeit noch dabei sein, die neusten in Kraft getretenen Geldwäsche-Änderungen im Bereich des Strafrechts (auch etwas schief als „6. Geldwäscherichtlinie“ bezeichnet) in nationales Recht umzusetzen (dies muss bis spätestens zum 3. Dezember 2020 erfolgen), schon kündigt die EU-Kommission weitere Maßnahmen für eine wirksamere Bekämpfung der Geldwäsche („AML“) und Terrorismusfinanzierung („CFT“) an.
Zur Vorbereitung ihres angekündigten AML/CTF Aktionsplanes veröffentlichte die Europäische Kommission am 12. Februar 2020 eine Roadmap, welche einen ersten Geschmack auf die ihr vorschwebende Verbesserung der AML/CFT-Regulierungen geben soll.
Unzulänglichkeiten der bisher verabschiedeten Regulierungen zeigten sich nach Ansicht der Europäischen Kommission auf praktisch sämtlichen Ebenen. So sei etwa nicht nur die Anwendung der Vorgaben durch die Verpflichteten oder die Aufsicht durch nationale Behörden, sondern auch die Funktionsweise der zuständigen Finanzfahndungsstellen als unzureichend zu bewerten. Darüber hinaus eröffne die Entwicklung neuer Technologien Kriminellen neue Möglichkeiten, um die Erträge ihrer illegalen Aktivitäten zu waschen. Auch seien Risiken im Hinblick auf FinTechs (Verwendung virtueller Währungen, etc.) unzureichend berücksichtigt worden – AML/CTF-Maßnahmen seien daher der technologischen Innovation anzupassen.
Doch damit der Gründe nicht genug: neben der unzureichenden Berücksichtigung des technischen Fortschrittes, führe insbesondere die von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat abweichende Umsetzung zu einem regulatorischen Flickenteppich, der eine Vielzahl von Schlupflöchern schaffe, welche von Kriminellen ausgenutzt würden.
Nationale Maßnahmen würden zur Eindämmung des Missbrauchspotentiales und Ausmerzung der Schwächen der bislang in Kraft getretenen AML/CTF-Regulierungen daher nicht ausreichen.
Die Antwort der Europäischen Kommission hierauf: Harmonisierung und Zentralisierung auf EU-Ebene.
Dies dürfte zunächst vor allem eines bedeuten: der kommende AML/CFT Aktionsplan wird keinen Vorschlag zum Erlass einer neuen Richtlinie vorsehen – ist doch die Umsetzungsfreiheit der Mitgliedsstaaten nach Ansicht der Europäischen Kommission jedenfalls mitursächlich für das derzeitige Übel. Vielmehr darf ein flammendes Plädoyer für eine (erste) AML/CTF-Verordnung erwartet werden.
Weiter kann mit konkreten Vorschlägen hinsichtlich der Umsetzung einer Übertragung vom AML/CTF-Kompetenzen auf ein zentrales EU-Organ (hier böte sich die European Banking Authority als auf EU-Ebene mittlerweile alleinig zuständige Aufsichtsbehörde an) sowie der Schaffung eines Unterstützungs- und Koordinierungsmechanismus für die Finanzfahndungseinheiten gerechnet werden. Hierdurch soll eine effektive Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Behörden, den Finanzfahndungsstellen sowie Strafverfolgungsbehörden auf nationaler und internationaler Ebene gewährleistet werden.
Bis einschließlich 11. März 2020 bestand die Möglichkeit zur Stellungnahme zu dem in der Roadmap skizzierten Vorhaben der Europäischen Kommission. Eingereicht wurden insgesamt 45 Stellungnahmen (näheres hier).
Jedenfalls für die nationalen Gesetzgeber würde eine künftige Reglung in Form einer – nicht umsetzungsbedürftigen – EU-Verordnung eine Entlastung bedeuten; dies insbesondere im Hinblick auf das immer weiter anziehende Tempo neuer AML/CTF-Regulierungen.
Für die primär betroffenen Unternehmen – die geldwäscherechtlich Verpflichteten – bedeutet das erneute Überarbeiten der EU-Gesetzgebung jedoch vor allem: mehr Aufwand und noch immer keine Rechtssicherheit. Insbesondere Start-Ups und FinTechs mit begrenzten personellen Ressourcen dürften hier erneut – oder besser: weiterhin – vor einer nicht unerheblichen Herausforderung stehen. Man darf sich wohl zurecht fragen, welches der betroffenen Unternehmen mit diesem gesetzgeberischen Tempo noch Schritt halten soll.
Insbesondere im Interesse der geldwäscherechtlich Verpflichteten bleibt zu hoffen, dass die Odyssee beinahe unzähliger EU-AML/CTF-Regulierungen durch eine umfassende erste Geldwäsche-Verordnung ein Ende nehmen wird.
Konkrete Informationen in Bezug auf das geplante Vorhaben der Europäischen Kommission werden mit der Veröffentlichung des AML/CTF Aktionsplanes Anfang Mai 2020 erwartet. Dann wird sich zeigen, ob der angekündigte Lösungsansatz das Zeug zu einem tauglichen Patentrezept zur Beseitigung der bislang vorherrschenden Unsicherheiten haben wird oder doch nur ein weiteres Trostpflaster sein könnte.
Es heißt daher wieder einmal: Fortsetzung folgt.