Crypto-Lending – alter Wein in neuen Schläuchen?


Längst hat die Blockchain-Technologie (bzw. Distributed Ledger Technology, „DLT“) Einzug in die Finanzbranche gehalten und die möglichen Anwendungsbereiche sind bei weitem noch nicht ausgeschöpft. Seit neuestem machen sog. Crypto-Lending-Plattformen auf sich aufmerksam – Grundlage ist allerdings ein bereits seit längerem bekanntes Geschäftsmodell.

Es scheint bereits Ewigkeiten her zu sein, dass 2008 unter dem Pseudonym Satoshi Nakamoto das Whitepaper zu Bitcoin, basierend auf der Blockchain-Technologie veröffentlicht wurde. Seither haben sich zahlreiche Geschäftsmodelle in der Finanzbranche entwickelt, die auf der Blockchain-Technologie basieren. Einer der neueren Anwendungsfälle ist das Geschäftsmodell der sog. Crypto-Lending-Plattformen.

Basis diesen „neuen“ Geschäftsmodells ist allerdings das bereits seit längerem bekannte Modell des P2P-Lendings, auch als Crowdlending bekannt. Personen (häufig Verbraucher, sog. „Borrower“) können Kredite erhalten, die von einer Vielzahl anderer Personen (ebenfalls in der Regel Verbraucher, sog. „Lender“) – in Deutschland aufgrund regulatorischer Bedingungen unter Einbindung einer Bank – finanziert werden. Lender können bereits ab sehr geringen Summen Gelddarlehen vergeben, sodass das Risiko des einzelnen Lenders oft sehr begrenzt ist. Für dieses Risiko erhalten die Lender – wie bei üblichen Bankdarlehen auch – Zinsen vom Borrower. Die Höhe der Zinsen hängt ua auch dann davon ab, inwiefern Sicherheiten verlangt und geleistet werden können.

Crypto-Lending-Plattformen haben dieses „alte Geschäftsmodell“ nun weiterentwickelt. Auch hier werden Gelddarlehen von Borrowern an Lender, d.h. zwischen Verbrauchern mittels einer zwischengeschalteten Bank vermittelt (P2P-Lending). Der Name „Cypto-Lending“ rührt daher, dass der Borrower zunächst virtuelle Währungen auf ein Konto der Plattform einzahlen muss, die dann bei einer Kreditanfrage als Sicherheit verwendet werden können. Großer Vorteil hierbei soll sein, dass die gesamte Transaktion via Smart Contracts abgebildet werden kann. So werden automatisch die bereits auf dem Konto des Borrowers vorhandenen virtuellen Währungen „gesperrt“ und im Fall ausbleibender Tilgungs- und Zinszahlungen verwertet. Der Borrower profitiert dabei davon, dass er seine erworbenen virtuellen Währungen nicht (zu ggf. ungünstigen Konditionen) verkaufen muss, um an Fiatgeld heran zu kommen. Der Lender erhält auf der Gegenseite eine Sicherheit durch die eingezahlten virtuellen Währungen, die notfalls direkt verwertet werden kann. So soll eine zeitaufwendige Bonitätsprüfung nicht erforderlich sein.

Was sich zunächst nach einem für beide Seiten guten Geschäft anhört, hat aber auch eine negative Seite. Wie auch bei anderen Geschäftsmodellen mit Bezug zu virtuellen Währungen muss aufgrund der sehr hohen Volatilität solcher Währungen das Risiko eines Wertverlusts (unter Umständen bis hin zum Totalverlust) minimiert werden. Der Lender kann daher häufig nur einen Kredit in Höhe eines Teils der als Sicherheit eingezahlten virtuellen Währungen erhalten (zB bei der Crypto-Lending-Plattform BlockFi 50 %). Dass damit allerdings das Risiko des Borrowers seine Sicherheit zu verlieren nicht vollständig eliminiert werden kann, zeigt die Höhe der für den Kredit verlangten Zinsen: hier sind Zinsen von 10 % p.a. und mehr keine Seltenheit. In Zeiten von anhaltenden Niedrigzinsen kommt das für manche Marktbeobachter Wucher gleich.

Ein weiterer Nachteil für den Lender dürfte zudem sein, dass die als Sicherheit eingezahlten virtuellen Währungen für eine gewisse Zeit „gesperrt“ sind. Dies bedeutet, dass der Lender diese beispielsweise nicht kurzfristig veräußern kann, wenn er einen raschen Kursverfall der virtuellen Währung befürchtet bzw. beobachtet. Für den Lender besteht so quasi das doppelte Risiko, dass er einerseits das Vermögen aufbringen muss, um den Kredit zurückzuzahlen und andererseits aber ggf. einen Teil seines Vermögens verliert, wenn er seine als Sicherheit geleitsteten virtuellen Währungen nicht rechtzeitig veräußern kann.

Letztlich ist demnach festzuhalten, dass Crypto-Lending nur eine Variante von vielen im Bereich des P2P-Lendings mit Krypto-Sicherheiten ist. Die Abbildung des Lendingprozesses auf der Blockchain und die Abwicklung via Smart Contracts verspricht einige Vorteile für die Nutzer, ist auf der anderen Seite aber auch mit erheblichen Risiken insbesondere für die Lender behaftet. Es wird daher abzuwarten sein, ob sich dieses Geschäftsmodell am Markt durchsetzen kann.