Noch bis Mitte dieses Jahres will Singapur die ersten Banklizenzen für rein digitale Banken vergeben. Damit werden Fintechs in dem südostasiatischen Stadtstaat nun erstmals zur direkten Konkurrenz der etablierten Kreditinstitute. Dies dürfte nur ein Ausblick auf die künftige Entwicklung der Finanzbranche in Südostasien sein.
Dieser Entwicklung liegt die größte Finanzreform Singapurs in den letzten Jahrzehnten zugrunde. Im Zuge dieser Reform sollen nun erstmalig rein digitale Banken zugelassen werden, die ihre Kundengeschäfte ausschließlich über das Internet abwickeln. Dies wird insbesondere Start-ups und Fintechs, die bisher nicht im Bankensektor tätig sind, ermöglichen, als Konkurrenten der großen, klassischen Banken aufzutreten. Auch den klassischen Bankengruppen in Singapur ist es bereits seit 2000 möglich, ihre Dienstleistungen über das Internet zu erbringen. Daher ist anzunehmen, dass nun insbesondere eine Liberalisierung des Marktes ermöglicht werden soll, indem künftig auch (bankenfremde) Fintechs Bankdienstleitungen erbringen dürfen. An den rechtlichen Voraussetzungen für die tatsächliche digitale Erbringung der Dienste scheint es keine relevanten Änderungen gegeben zu haben.
Fintech-Experten erwarten, dass sich in naher Zukunft auch andere Länder Südostasiens für Digital(Voll-)Banken öffnen werden. Gerade in bevölkerungsstarken Regionen wie Indonesien bestehe für die Finanzbranche viel Wachstumspotential, denn vielen Menschen fehle dort derzeit noch gänzlich der Zugang zu Finanzdienstleistungen.
Vollbanklizenzen oder eingeschränkte Lizenz
Insgesamt sollen von der Finanzaufsichtsbehörde Monetary Authority of Singapore (MAS) fünf Banklizenzen vergeben werden.
Davon sollen zwei als digitale Vollbank-Lizenzen ausgestaltet sein, sodass für die Berechtigten dann auch Geschäfte mit Privatkunden möglich sind. So soll es mit der digitalen Vollbanklizenz möglich sein, Gelder von Privatkunden zu verwalten und Kredite zu vergeben. Allerdings sind die Anforderungen für eine solche Lizenz in Singapur relativ hoch. Für eine Vollbanklizenz verlangt die MAS ein anfängliches Grundkapital von 15 Mio. Singapur-Dollar, das in der letzten Stufe der digitalen Vollbank bis auf 1,5 Milliarden Singapur-Dollar anwachsen muss sowie die substantiierte Darlegung, dass das Unternehmen innerhalb weniger Jahre profitabel werden könne.
Die anderen drei Lizenzen hingegen sollen lediglich digitale Finanzdienstleistungen für kleine und mittelgroße Firmenkunden erfassen.
Vielfältige Bewerber
Bewerbungsschluss für eine Lizenz war der 31. Dezember 2019. Bis zu diesem Zeitpunkt gingen bei der MAS 21 Lizenzanträge ein. Bis Mitte 2020 will sie eine Entscheidung treffen. Zwar liegt eine offizielle Liste der Bewerber nicht vor, aber einige Unternehmen haben bekannt geben, dass sie sich um eine Lizenz bemüht haben. Zu den Bewerbern gehören unter anderem das Start-up Grap, welches mit seiner Taxi-Bestell-App bekannt wurde, sowie Ant Financial, die Fintech-Tochter des chinesischen E-Commerce-Konzerns Alibaba. Ziel der Unternehmen, die sich auf eine Lizenz für eine digitale Bank bewerben, ist insbesondere die Generation der Millennials anzusprechen und vor allem diese als Kunden zu gewinnen. Deren Erwartungen an eine Bank würden noch nicht ausreichend von dem aktuellen Angebot erfüllt.
Ausblick
Es bleibt abzuwarten, welche Unternehmen die (Voll-)Banklizenzen von der MAS erhalten werden. Grundsätzlich ist die Einführung von rein digitalen Banken im Hinblick auf die Digitalisierung der Finanzbranche zu begrüßen. Mit Spannung zu beobachten wird sein, wie Südostasien den potentiellen Sicherheitsproblemen bezüglich Geldwäsche begegnen wird.
Auch in Deutschland hat sich in der Vergangenheit gezeigt, dass Fintech-Banken neuartigen Sicherheitsproblemen gegenüberstehen. Gerade schnelles Wachstum kann zum Problem werden, wenn die Strukturen nicht entsprechend im selben Tempo angepasst warden.