Blockchain-Strategie der Bundesregierung steht – weitere Schritte in Richtung Krypto-Regulierung!


Am 16. September 2019 hat die Bundesregierung – nach einem halben Jahr öffentlicher Konsultation und Auswertung – ihre Blockchain-Strategie vorgestellt. Auch und insbesondere im Finanzsektor sieht sie weite Einsatzbereiche der Blockchain und will Innovationen per Gesetz, aber auch finanziell und wissenschaftlich „stimulieren“. Gleichzeitig werden (teils bereits bekannte) Schritte in Richtung (nationaler) Regulierung von Blockchain-Themen im Finanzsektor wie Initial Coin Offerings (ICO) / Security Token Offerings (STO), digitale (fremdkapitalbasierte) Wertpapiere, Wallet Provider und Digitalem (Zentralbank-)Geld angekündigt.
Für die Krypto-Branche erfreulich: die Bundesregierung steht dem Thema Blockchain im Finanzsektor äußerst positiv gegenüber und möchte „Deutschlands führende Position ausbauen“. Ob die angekündigte „Krypto-Regulierung“ zu diesen freundlichen Aussagen passt, ist diskussionwürdig.

Fünf Blockchain-Handlungsfelder identifiziert

Die Bundesregierung hat in ihrer Blockchain-Strategie fünf „Handlungsfelder“ (Finanzsektor, Förderung von (u.a. Energie-)Projekten, Blockchain und Datenschutz, Digitale Verwaltungsdienstleistungen (wie Asylverfahren), Wissensvermittlung) identifiziert, in denen die Blockchain eine verstärkte Rolle in der Zukunft spielen wird und die dementsprechend durch die Bundesregierung begleitet werden sollen.

Handlungsfeld „Blockchain im Finanzsektor“

Die Maßnahmen im „Handlungsfeld“ Finanzsektor können als „Einstieg in maßvolle Krypto-Regulierung“ zusammengefasst werden. Im Einzelnen:

Schaffung von Blockchain-basierten digitalen (Fremdkapital-)Wertpapieren

Wie wir bereits im FinTech-Blog (hier und hier) berichteten, plant die Bundesregierung, im deutschen (zivilrechtlichen) Wertpapierrecht digitale Ausnahmen zuzulassen. Bisher war (fast ausschließlich) eine Verbriefung von Wertpapieren in einer (Papier-)Urkunde (aktuell idR als Globalurkunden bei der Clearstream-Bank) erforderlich – und damit rein Blockchain-basierte Wertpapiere nach deutschem Wertpapierrecht schwer möglich.

Die Bundesregierung plant nun, das Wertpapierrecht elektronisch und technologieneutral zu öffnen. So sollen Wertpapiere, deren Existenz und Übertragung nur über eine Blockchain nachgewiesen werden, möglich werden – und damit zukünftig ausgegebene Token häufig zu Wertpapieren „mutieren“. Digitalisiert werden sollen aber im ersten Schritt nur fremdkapitalbasierte Wertpapiere (=Schuldverschreibungen). „Elektronische Aktie oder Investmentfondsanteile“ sollen erst in einem zweiten Schritt folgen. Hintergrund dürfte sein, dass sich hier – aufgrund der Eigenkapitalbeteiligung der Anleger – mehr Rechtsfragen stellen dürften.

Der Konsultationsprozess zu digitalen Schuldverschreibungen läuft bereits seit März 2019. Die Bundesregierung drückt aufs Tempo – noch dieses Jahr soll ein Gesetzentwurf veröffentlicht werden.

Informationsblatt-Pflicht für ICOs von Utility Token (und weitere Regulierung?)

Als „Brückenlösung“ bis zu einer (anscheinend kurzfristig nicht erreichbaren) europäischen Regulierung möchte die Bundesregierung „Token, die keine Wertpapiere […] oder Vermögensanlagen darstellen“ (sprich Utility-Token) national regulieren.

Hierzu sollen Token-Emittenten verpflichtet werden, vor einem ICO „bestimmter, zu definierender Krypto-Token“ ein nach gesetzlichen Vorgaben erstelltes, BaFin-gestattetes Informationsblatt zu veröffentlichen. Wir gehen davon aus, dass hiermit eine ähnliche (oder gleiche) Informationsblatt-Pflicht wie für Emittenten von Vermögensanlagen (VIB) bzw. von (bestimmten) Wertpapieren (WIB) auch für Utility-Token eingeführt werden wird.

Ein Gesetzentwurf soll noch dieses Jahr vorgelegt werden.

Zudem macht die Bundesregierung Andeutungen, Utility-Token ggf. weiter zu regulieren. Hintergrund ist, dass sie zu der Erkenntnis gelangt, dass „weltweit“ bisher im wesentlichen Utility-Token (bzw. Krypto-Währungen) per ICO emittiert wurden – und nicht Token, die Wertpapiere oder Beteiligungsrechte darstellen bzw. eine monetäre Beteiligung an Unternehmen beinhalten.

Utility-Token geben demgegenüber häufig einen Nutzungsanspruch auf eine (zukünftige) digitale Dienstleistung. Die Bundesregierung kommt insoweit zu der (unbelegten) Annahme, dass Utility-Token vorrangig aus Spekulation auf Wertsteigerung erworben würden – und nicht wegen der späteren Nutzungsmöglichkeit.

Angesichts des laut Konsultation hohen Potenzials von Utility-Token möchte die Bundesregierung – und hier wird es schwammig – einen „rechtssicheren, […] die Anleger schützenden Rechtsrahmen“ schaffen. Ob hiermit die oben erwähnte Informationsblatt-Pflicht oder doch weitergehende Regulierungsmaßnahmen gemeint sind, werden wir weiterverfolgen und darüber berichten.

(Geldwäscherechtiche) Regulierung von Wallet Providern

Wie auf unserem FinTech-Blog berichtet (zum Referenten- und Regierungsentwurf), strebt die Bundesregierung – mittlerweile mit einem Regierungsentwurf zur Umsetzung der „5. EU-Geldwäscherichtlinie“ – die Regulierung von Wallet Providern, die Token für Dritte verwahren, als Finanzdienstleistung mit Namen Kryptoverwahrgeschäft im KWG an. Zudem sollen Token (ggf. auch Utility-Token), die bislang nicht als Finanzinstrumente im KWG erfasst waren, mit dem Auffangtatbestand „Kryptowerte“ aufzunehmen und Finanzdienstleistungen zu Kryptowerten damit zu regulieren.

Diese Maßnahmen haben den Zweck, Krypto-Wallet Provider – wie von der EU beschlossen – geldwäscherechtlich als Verpflichtete zu erfassen, um Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung entgegenzuwirken. So würden Krypto-Wallet Provider die geldwäscherechtlichen (Sorgfalts-)Pflichten treffen wie ggf. Identifikation von Kunden, Verdachtsmeldungen an öffentliche Stellen und interne Compliancepflichten wie ein GwG-Risikomanagement oder Bestellung von Geldwäschebeauftragten.

Keine Stablecoins als Ersatz für staatliche Währung, aber Dialog

Die Bundesregierung lehnt desweiteren private „Alternativen“ wie Stablecoins (medial bekanntestes Beispiel LIBRA u.a. von Facebook) für staatliche Währungen (wie EUR) ab. Stablecoins sind Token, die z.B. an eine staatliche Währung gekoppelt sind und damit die bei Token vorherrschende Volatilität mindern sollen.

Für private Währungen stünde vielmehr die E-Geld-Regulierung als passender Rechtsrahmen bereit.

Gleichzeitig soll aber das Thema „Digitales Zentralbankgeld“ zusammen mit der Deutschen Bundesbank weiter ausgelotet werden.

Neben diesen großen Finanzsektor-Themen will die Bundesregierung bis Ende 2020 eruieren, ob die Anteilsverwaltung im Gesellschaftsrecht durch Blockchain-Einsatz erleichtert werden kann, so z.B. bei der Anteilsabwicklung oder Wahrnehmung von Anteilsrechten.

Fazit

Die Blockchain-Strategie der Bundesregierung zeugt davon, dass die Reaktion, Förderung und Steuerung der digitalen Transformation öffentlich als notwendig angesehen wird. Die Bundesregierung ist dazu dem Thema Blockchain ungewöhnlich aufgeschlossen gegenüber und bemüht, dieses als „Zukunftsthema“ zu platzieren. Einige Maßnahmen im Handlungsfeld Finanzsektor sind tatsächlich zukunftsweisend und stellen intelligente (legislative) Antworten der Regierung dar.

Jedoch: Die öffentliche Befassung mit „trending topics“ wie Digitalisierung und Blockchain ist derzeit sexy. Was passieren kann, wenn der Hype etwas abkühlt, kann man an dem zurückgehenden öffentlichen Interesse zum Thema „Crowdfunding“ erkennen.

Daher bleibt abzuwarten, welche konkreten Schritte die Bundesregierung zum Thema Blockchain / ICO / STO / Token tatsächlich unternimmt.