Kryptohandelsvolumen mit Rekordhoch – Alles nur „Fake“?


Der Handel mit Kryptowährungen boomt. Erst kürzlich stieg das Handelsvolumen auf Kryptobörsen laut coinmarketcap.com innerhalb eines Tages auf über USD 80 Mrd. Allein Bitcoin sollen laut der Website täglich für rund USD 20 Mrd. gehandelt werden. Untersuchungen wollen nun aber herausgefunden haben, dass ein maßgeblicher Teil des gesamten Handelsvolumens künstlich erzeugt wird.

Initial Coin Offerings („ICOs“) stellen für Start-ups, insbesondere für FinTechs, nach wie vor eine beliebte alternative Finanzierungsmöglichkeit dar. Neuerdings zeichnet sich ein Trend hin zu Security Token Offerings („STOs“) ab. Die bei einem ICO/STO ausgegebenen Token sollen im Anschluss (ggf. nach einer Vesting-Phase) regelmäßig auf Kryptobörsen gehandelt werden können. Attraktiv erscheinen da natürlich Kryptobörsen mit hohem Handelsvolumen – aber stellt dieses auch die Realität dar? Nach Erkenntnissen neuerer Untersuchungen darf dies durchaus bezweifelt werden.

Großteil des Handelsvolumens ist laut Untersuchung „Fake“

Gerüchte um die künstliche Steigerung des Handelsvolumens auf Kryptobörsen halten sich schon seit längerem hartnäckig. 81 der Kryptobörsen wurden nun von Bitwise, einem Vermögensverwalter, der sich auf Kryptowährungsfonds spezialisiert hat, untersucht. Anlass der Untersuchung war wohl ein Genehmigungsverfahren für einen Bitcoin ETF bei der US-amerikanischen Aufsicht SEC.

Laut der Untersuchung haben die Kryptobörsen im Schnitt ein tägliches Handelsvolumen von USD 6 Mrd. gemeldet (bezogen auf den Handel von Bitcoin gegen Fiatwährungen oder Stablecoins). Tatsächlich stattgefunden haben soll aber nur ein Handel im Wert von USD 273 Mio – also nur rund 5 % des gemeldeten Volumens. Nur bei 10 der 81 Kryptobörsen sollen keine Unauffälligkeiten festgestellt worden sein. Unter den sauberen Börsen befinden sich z.B. Binance, Bitfinex, Kraken oder Gemini.

In eine ähnliche Richtung geht die Untersuchung des Blockchain Transparency Institute im Dezember 2018. Dieses ging im Ergebnis davon aus, dass von den untersuchten USD 2,5 Mrd. täglichem Handelsvolumen der 25 beliebtesten Handelspaare (laut coinmarketcap.com) tatsächlich nur rund USD 327 Mio. stattfanden – demnach wurden auch hier 87 % des Handelsvolumens künstlich herbeigeführt. Aber auch hier wurde darauf hingewiesen, dass es durchaus Kryptobörsen gibt, bei denen keine Anhaltspunkte für eine Manipulation festgestellt wurden.

Manipuliert werden die Handelsvolumina angeblich durch sog. Wash-Trading. Bei dieser Methode kauft und verkauft ein automatisiertes Programm auf der Handelsplattform gleichzeitig Kryptowährungen und erhöht so das Handelsvolumen der Kryptobörse. Im Verhältnis dazu stellt der Handel realer Nutzer nur einen Bruchteil des gesamten Volumens dar. Hinweise auf Wash-Trading sollen sich etwa daraus ergeben, dass das Handelsvolumen einer Kryptobörse sich auch bei Eilmeldungen oder generell im Laufe des Tages (etwa zu Tag- und Nachtzeiten) nicht verändert. Auch besonders viele Transaktionen mit hohen Einzelvolumina können auf Wash-Trading hindeuten, da der typische Nutzer wohl eher kleinere Beträge handelt.

Da drängt sich die Frage auf: Wozu das Alles? Eine mögliche Antwort: Die Kryptobörse will so ihre Attraktivität steigern und bewirken, dass sich Emittenten für das Listing ihrer Token aus dem ICO/STO für diese Kryptobörse entscheiden. Ein hohes Handelsvolumen bedeutet regelmäßig eine hohe Liquidität der Token, was sich auch im Rahmen der Werbung für den ICO/STO vor allem bei Investoren, die auf eine gewinnbringende Veräußerung der Token nach einer gewissen Haltezeit hoffen, positiv auf deren Investitionsentscheidung auswirken dürfte. Beruht ein Großteil des Handelsvolumens auf Wash-Trading, konterkariert das natürlich die Interessen des Emittenten und der Investoren. Die Kryptobörse profitiert von der Entscheidung des Emittenten, seine Token dort zu listen, über die Gebühr, die wohl an vielen Kryptobörsen für das Listing erhoben wird. Bei einem späteren Handel mit den Token verdient die Kryptobörse zudem regelmäßig am sog. Spread, der Differenz zwischen Kaufs- und Verkaufspreis.

Strafbarkeit der Manipulation

Wenn aber an den Kryptobörsen offensichtlich manipuliert wird – ist das denn nicht verboten? In vielen Ländern dürfte dies der Fall sein. In Deutschland und generell in der EU gilt die Marktmissbrauchsverordnung („MAR“), nach der Marktmanipulation verboten ist. Bei Verstößen können erhebliche Bußgelder verhängt werden. Finden Wash-Trades statt, sind diese zumindest ein Indikator für marktmanipulatives Verhalten. Problematisch ist allerdings der Anwendungsbereich der MAR, denn verboten sind nur Handlungen in Bezug auf Finanzinstrumente. Security Token, die mitgliedschaftliche oder schuldrechtliche Ansprüche verkörpern, können häufig als Wertpapiere qualifiziert werden und stellen somit Finanzinstrumente dar. Nicht erfasst sein dürfte aber die Vielzahl der Token, die von der BaFin lediglich als Rechnungseinheiten qualifiziert werden (z.B. Bitcoin), da es sich hierbei nicht um Finanzinstrumente iSd MAR (sondern nur rein national um Rechnungseinheiten) handelt. Zudem dürften auch Utility Token grundsätzlich nicht von der MAR erfasst werden, da sie (ebenfalls) idR keine Finanzinstrumente nach MAR darstellen dürften.

Daneben kann auch eine Strafbarkeit wegen Betruges in Betracht kommen, Voraussetzung dafür wäre aber immer ein konkreter Schaden (des Emittenten oder von Anlegern). Dieser könnte beispielsweise darin liegen, dass eine Kryptobörse die Höhe der Listing-Gebühr von der Höhe ihres Handelsvolumens abhängig macht. Für solche Tatsachen ergeben sich aber aus den Untersuchungen keine Anhaltspunkte, sodass entsprechende Annahmen rein spekulativ erfolgen. Auch Auswirkungen der Manipulation des Handelsvolumens auf den Kurs einzelner Kryptowährungen werden nicht belegt.

Fazit

Entgegen einer immer noch verbreiteten Auffassung findet der Handel mit Kryptowährungen nicht in einem rechtsfreien Raum statt. Die Untersuchungen dürften aber wieder einmal zeigen, dass auf staatlicher Seite Handlungsbedarf besteht. Einerseits ist die BaFin als Aufsichtsbehörde aufgerufen, die Praktiken an den Börsen selbst zu untersuchen und ggf. einzuschreiten. Andererseits ist aber auch der (europäische und nationale) Gesetzgeber zum Handeln aufgerufen, denn es bedarf einer eindeutigen und klaren Regulierung im Bereich der Kryptowährungen. Vor diesem Hintergrund darf mit Spannung die Blockchain-Strategie der Bundesregierung erwartet werden, deren Konsultationsfrist kürzlich endete. Eine Veröffentlichung der Ergebnisse wird für Sommer 2019 erwartet.