BaFin entzaubert Geldregen-Algorithmus


"Investieren wie ein Milliardär" – „Lamborghini fahren.“ – „675% Rendite.“ – „Erstklassige KI-basierte Handelsstrategien, die seit 2012 die globalen Märkte übertroffen haben"… All dies versprach das Unternehmen R. potentiellen Investoren – und wurde nun von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht ("BaFin") gestoppt.

Nicht zum ersten Mal versuchten besonders geschäftstüchtige Start-up-Unternehmer, FinTech-Anlagestrategien als den „Stein der Weisen“ anzupreisen. Künstliche Intelligenz sowie “systematische, automatische und algorithmenbasierte Handelssysteme” sollten den Handel mit Optionen, Indizes, Aktien und Kryptowährungen zur Goldgrube machen und Renditen in Höhe von bis zu 675% – schlechtestenfalls in Höhe von 100% – bescheren. Der größte ICO Deutschlands sollte es werden, mit einem Verkauf von Token im Wert von EUR 120 Mio.

Solche Prophezeiungen sind mit Vorsicht zu genießen, verschwanden doch bereits in 2018 Milliarden an Anlegergeldern in dubiosen Geschäftsmodellen – der Wunsch nach dem schnellen Geld verführt offensichtlich.

Der Geduldsfaden der BaFin scheint bezüglich solcher Geschäftsmodelle wie jenes von R. nun gerissen:

Wie bekannt wurde, schob die BaFin dem geplanten ICO Ende 2018 – zumindest vorerst – den Riegel vor. Ausschlaggebend für diese Entscheidung waren wohl gleich eine ganze Reihe von Gründen; irreführende Werbung war einer davon. So warb R. unter anderem damit, dass die KI-basierte Handelsstrategie seit 2012 die “globalen Märkte übertroffen haben”. Tatsächlich aber machten Unternehmen, welche auf diese „Wundertechnik“ zurückgriffen, wohl in den Jahren 2017 und 2016 Bilanzverluste in Höhe von rund EUR 95.900 und EUR 117.600.

Auch wenn sich R. im Vorfeld des geplanten ICO tatsächlich an die BaFin gewandt hatte, wich dabei jedoch die der BaFin präsentierte Schilderung der Geschäftstätigkeit zum Teil erheblich von den Ausführungen auf der Website von R. ab. Risikohinweise wurden nicht ausreichend gekennzeichnet, Unstimmigkeiten bezüglich der Angestelltenzahl traten auf. Hinzu kamen personelle Verflechtungen mit Beteiligten des bisher größten – und gescheiterten – ICOs Deutschlands, Envion. Die Liste ist lang.

Wichtig: Der ICO wurde nicht etwa gestoppt, weil das Finanzierungsmodell ICO für sich genommen Gefahren birgt. Vielmehr zog die BaFin vor allem aufgrund des fragwürdigen Geschäftsmodells und dessen irreführender Bewerbung die Notbremse. Die BaFin scheint kein grundsätzliches Problem mit ICOs zu haben; bei undurchsichtigen Vorgehensweisen ist jedoch Feierabend. Die Krypto-Welt – auch wenn viele dies noch immer meinen – ist schlichtweg kein rechtsfreier Raum; auch FinTech-Start-ups haben sich an die Spielregeln zu halten.

Sollte sich R. über die Entscheidung der BaFin hinwegsetzen und den ICO weiterhin durchführen, würde dies erhebliche Konsequenzen nach sich ziehen: Mitwettbewerber können gerichtlich einen Unterlassungsanspruch erwirken sowie Ersatz für den ihnen durch die unlautere Werbung entstanden Schaden geltend machen. Die BaFin kann die vollständige Rückabwicklung bereits getätigter Geschäfte anordnen, die eingesammelten Vermögenswerte beschlagnahmen lassen sowie empfindliche Geldbußen verhängen. Etwaige Gewinne, die mittels Durchführung des ICOs erzielt worden sind, müssten an den Fiskus abgeführt werden. Selbstverständlich stünde auch den Anlegern ein Anspruch auf Ersatz des entstandenen Schadens zu. Im Übrigen droht den federführenden Beteiligten eine saftige Freiheitsstrafe von bis zu 3 Jahren.

Also: ICOs selbst sind sicher kein Teufelszeug – so manches Geschäftsmodell indes schon.