Seitenhieb auf BaFin – Kammergericht Berlin sieht keine Strafbarkeit bei Handel mit Bitcoins


Das Kammergericht Berlin hat mit Urteil vom 25. September 2018 (Az. 161 Ss 28/18 - rechtskräftig) entschieden, dass ein Handel mit Bitcoins ohne vorherige Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht („BaFin“) nicht strafbar sei. Für das Betreiben einer Bitcoin-Handelsplattform müsse (aus strafrechtlicher Sicht) keine vorherige Erlaubnis der BaFin vorliegen. Eine andere Ansicht der BaFin habe im Strafrecht keine Bedeutung. Welche Auswirkungen das Urteil des Kammergerichts auf das Aufsichtsrecht haben wird, ist zurzeit unklar.

Sachverhalt und Verfahrensgang

Der Angeklagte war verantwortlich für eine Gesellschaft, die eine Internet-Handelsplattform („Plattform“) betrieb, über die Bitcoins gehandelt werden konnten. Die Plattform vermittelte Käufer und Verkäufer von Bitcoins. Nach einer Registrierung konnten die Käufer einen entsprechenden Geldbetrag auf ihren Account einzahlen und mit diesem Geldbetrag Bitcoins erwerben. Verkäufer konnten ihre bereits erstellten Bitcoins auf ihrem Account einstellen. Die Zahlungen der Kunden erfolgten dabei unter anderem auf ein polnisches Konto. Als es im März 2013 zu einem „Hype“ auf Bitcoins und entsprechende Handelsplattformen kam, erhöhte sich der Kontostand dieses Kontos binnen weniger Tage von ca. EUR 210.000 auf EUR 2,45 Mio. Kurz darauf wurde das Konto wegen des Verdachts der Geldwäsche durch polnische Behörden gesperrt, die Internetseite wenig später vom Angeklagten abgeschaltet.

In erster Instanz wurde der Angeklagte wegen des unerlaubten Erbringens von Finanzdienstleistungen gemäß § 54 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 des Kreditwesengesetzes („KWG“) zu einer Geldstrafe verurteilt. Dagegen war der Angeklagte vor dem Landgericht Berlin mit Erfolg vorgegangen. Die hierauf folgende Revision der Generalstaatsanwaltschaft hat das Kammergericht Berlin mit seinem Urteil verworfen.

Handel mit Bitcoins sei nicht erlaubnispflichtig

Eine Strafbarkeit bestehe dabei nicht, weil der Handel mit Bitcoins nicht unter die Strafnorm des § 54 Abs. 1 Nr. 2 KWG falle. Danach ist u.a. strafbar, wer ohne Erlaubnis der BaFin Handel mit Finanzinstrumenten betreibt. Liegt also kein Finanzinstrument vor, fehlt es an einer Erlaubnispflicht. In diesem Zusammenhang kann es daher auch keine Strafbarkeit wegen fehlender Erlaubnis geben.

Aus Sicht des Kammergerichts treffe genau dies auf den Handel mit Bitcoins zu. Bitcoins seien – entgegen der eindeutigen Auffassung der BaFin – kein Finanzinstrument, insbesondere keine Rechnungseinheiten im Sinne von § 1 Abs. 11 S. 1 Nr. 7 Var. 2 KWG. Bitcoins könne man nicht verwenden, um dauerhaft verschiedene Waren und Dienstleistungen miteinander zu vergleichen. Dies sei nicht möglich, weil Bitcoins nicht überall als Zahlungsmittel anerkannt seien und im eigenen Wert zu sehr schwankten.

Gericht greift Ansicht der BaFin scharf an

Der Ansicht der BaFin, dass Bitcoins Rechnungseinheiten und damit Finanzinstrumente seien, widersprach das Gericht. Die BaFin habe im Strafrecht kein Recht zur Bestimmung von Begriffen. Der Gesetzgeber müsse im Strafrecht Begriffe verständlich benennen. Nur die Strafgerichte hätten dabei das Recht, diese strafrechtlichen Begriffe noch klarer zu bestimmen.

Strafrechtliche Bedeutung des Urteils

Da das Urteil des Kammergerichts rechtskräftig ist, kann sich der Bundesgerichtshof (BGH) nicht mehr anderslautend dazu äußern. Nicht auszuschließen ist aber, dass andere Strafgerichte eine ähnliche Sachlage anders beurteilen. Strafrechtlich dürfte daher das letzte Wort noch nicht gesprochen sein.

Bedeutung des Urteils für das Aufsichtsrecht

Wir gehen davon aus, dass die BaFin in Kürze Stellung zu diesem Strafrechtsurteil des Kammergerichts nehmen wird.

Jedenfalls darf die strafrechtliche Beurteilung des Sachverhalts nicht ohne Weiteres auf das Aufsichtsrecht übertragen werden – auch nicht, wenn die Ausführungen des Kammergerichts Berlin einen anderen Ton anschlagen.

Vor allem aber dürfte das Urteil – anders als so mancher Artikel im Internet klingt – nicht bedeuten, dass von nun an Internet-Handelsplattformen erlaubnisfrei Handel mit Bitcoins oder gar anderen Formen von Token (Security Token) treiben können.

Neben der strafrechtlich unterschiedlichen Beurteilung durch ein anderes Strafgericht (als das Kammergericht Berlin) kann die BaFin verwaltungsrechtliche Maßnahmen (die auch in der Regel keine aufschiebende Wirkung haben – Untersagung weiterer Geschäftsbetrieb, ggf. Rückabwicklung der unerlaubten Geschäfte sowie ggf. fehlende zukünftige Zuverlässigkeit der Geschäftsleiter) treffen.

Zudem bezieht sich das Urteil des Kammergerichts Berlin ausschließlich auf die (strafrechtliche) Beurteilung von Bitcoins (also Krypto-Token) nach dem KWG. Es existieren jedoch zahlreiche Geschäftsmodelle , bei denen – neben Krypto-Token wie Bitcoins, die ggf. nur einen kleinen Anteil an den gehandelten Token ausmachen – viele weitere (insbesondere Security) Token gehandelt werden bzw. gehandelt werden sollen. Diese (Security) Token sind – unabhängig von diesem Urteil – ggf. als Wertpapiere oder Vermögensanlagen zu qualifizieren. Wertpapiere und Vermögensanlagen sind – unabhängig vom Urteil des Kammergerichts – als Finanzinstrumente im Sinne des KWG einzuordnen. Der Handel mit diesen dürfte daher in der Regel Erlaubnispflichten nach dem KWG (und ggf. weiterer Gesetze) auslösen.