Derzeit findet durch die Bundesregierung eine Evaluierung der durch das Kleinanlegerschutzgesetz (KASG) eingeführten Änderungen des Vermögensanlagengesetzes (VermAnlG) statt. Bis Ende 2016 will die Bundesregierung – vertreten durch das federführende Bundesfinanzministerium – dem Finanzausschuss eine Stellungnahme und potentielle Änderungen an dem KASG – und insbesondere der Crowdfunding-Regulierung – vorlegen.
Dazu wurden Eingaben zu den Erfahrungen bei der Anwendung der Crowdfunding-Ausnahme (und weiteren Ausnahmen) sowie Änderungsvorschläge von Interessenvertretern aus Finanz- und Crowdfunding-Branche (wie der Deutsche Crowdsourcing Verband – DCV), Verbraucherschutz und weiteren Verbänden eingeholt.
I. Evaluierung der Crowdfunding-Regulierung
Neben anderen Vorschlägen sollen insbesondere folgende Punkte durch die Evaluierung in Bezug auf die Befreiung von Schwarmfinanzierungen (§ 2a VermAnlG) auf den Prüfstand gestellt werden:
künftige mögliche Erweiterung der Crowdfunding-Ausnahme auf alle Vermögensanlagen unter den Voraussetzungen von § 2a VermAnlG,
Sachgerechtheit der betragsmäßigen Begrenzungen der Anlagebeträge auf bis zu EUR 10.000 (für Privatpersonen),
Praktikabilität und Wirksamkeit des Selbstauskunftsverfahrens, welches der Anleger auf der Crowdfunding-Plattform zu durchlaufen hat (wir berichteten im letzten Newsletter),
Angemessenheit des Inhalts und Umfangs der Vermögensanlagen-Informationsblätter (VIB) als (einzige) Informationsquelle oder Erweiterung der diesbezüglichen Informationspflichten,
Verpflichtung der Crowdfunding-Plattform zur Darstellung der eingenommenen Provisionen im VermAnlG selbst (obwohl dies derzeit bereits durch die Finanzanlagenvermittlungsverordnung für Crowdfunding-Plattformen vorgesehen ist), sowie
Überprüfung des (missratenen) Widerrufsrechts im VermAnlG und Evaluierung wie häufig dieses in Anspruch genommen wird.
Unterstützung hat sich das Bundesfinanzministerium dabei durch ein Forschungsvorhaben eingekauft, welches die vorgenannten Fragen mit empirischen Belegen unterfüttern soll und damit zur Entscheidungsfindung, ob Änderungen erforderlich werden, beitragen soll.
Mit der Evaluierung greift die Bundesregierung erfreulicherweise einige wichtige Punkte auf, die in der Branche seit dem ersten Entwurf des KASG im Jahr 2014 kritisiert wurden.
II. Stellungnahme des DCV
Auch der DCV hat eine Stellungnahme zur Crowdfunding-Regulierung abgegeben. In der Stellungnahme zieht der DCV ein grundsätzlich positives Resümee und beurteilt die Erfahrungen der Crowdfunding-Branche mit der Crowdfunding-Regulierung als ersten guten Ausgleich der Interessen von Kleinanlegern und der Crowdfunding-Branche und Projektinitiatoren / Start-Ups.
Gleichwohl ergäben sich aus der beobachteten Praxis einige notwendige Überarbeitungen, u. a.:
§ 2a Vermögensanlagengesetz (VermAnlG – die sog. Crowdfunding-Ausnahme) solle auf alle Vermögensanlagen im Sinne des VermAnlG erweitert werden, zumindest aber auf stille Beteiligungen. Die Begrenzung der Crowdfunding-Ausnahme auf Nachrangdarlehen, die Fremdkapital darstellen, würde eigenkapitalbasiertes Crowdfunding dauerhaft unmöglich machen und damit wachstumsorientierten Unternehmen sowie Start-Ups eine erweiterte Bandbreite an Finanzierungsmöglichkeiten vorenthalten. Zudem wäre aufgrund der Nähe beider flexibel ausgestaltbaren Vermögensanlagen eine Gleichbehandlung geboten.
Die Anlagegrenze, ab der eine Selbstauskunft des Anlegers erforderlich würde, solle moderat von EUR 1.000 auf EUR 2.500 und die Obergrenze von EUR 10.000 auf EUR 20.000 erhöht werden. Dies sei dadurch gerechtfertigt, dass sich laut DCV gerade Anleger aus höheren Einkommens- und Vermögensschichten an Crowdfinanzierungen beteiligen würden.
Es solle eine gesetzliche oder aufsichtsbehördliche Klarstellung dahingehend erfolgen, dass das sog. Kombinationsverbot in § 2a Abs. 4 VermAnlG zukünftig restriktiv ausgelegt wird. Dieses könne sich bereits aufgrund des Wortlauts („getilgt“) einerseits nur auf fremdkapitalbasierte Vermögensanlagen im Sinne des VermAnlG beziehen. Andererseits könne – eine dem Sinn und Zweck folgende – Auslegung zu dem Ergebnis kommen, dass Finanzierungen von professionellen Investoren (welche für Finanzierungsstruktur und Professionalisierung von Projekten / Start-Ups wichtig seien) im Rahmen eines Private Placements nicht von dem Kombinationsverbot erfasst seien.
Das Widerrufsrecht in § 2d VermAnlG solle ersatzlos gestrichen werden, da bei Nutzung der Crowdfunding-Ausnahme zwingend immer ein fernabsatzrechtliches Widerrufsrecht bestünde. Ein weiteres Widerrufsrecht – das darüber hinaus z. T. andere Voraussetzungen und Rechtsfolgen habe – sei daher überflüssig und dem Anlegerschutz eher abträglich.
III. Weiterer Ablauf der Evaluierung
Nachdem die Frist für Stellungnahmen der Interessenvertreter nun abgelaufen ist, wird das Bundesfinanzministerium diese auswerten und dem Finanzausschuss mit Ablauf des Jahres 2016 seinerseits eine Stellungnahme vorlegen. Diese könnte ggf. Änderungsvorschläge bezüglich der Crowdfunding-Regulierung (und der Ausnahme für soziale und ökologische Projekte) enthalten und wird daher in der Branche mit Spannung erwartet. Ob tatsächlich Änderungen an der – dann – erst anderthalb Jahre alten Crowdfunding-Regulierung vorgenommen werden, bleibt allerdings abzuwarten.